LAG Rheinland-Pfalz: Kein Entschädigungsanspruch wegen diskriminierender Nichteinstellung


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Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – 6 Sa 522/07, hat entschieden, dass kein Entschädigungsansruch nach dem AGG besteht, wenn der Bewerber zum einen nciht so geeignet ist wie die eingestellte Bewerberin und zum anderen seine Bewerbung nicht ernsthaft ist.

Sachverhalt:

Mit seiner vorliegend am 15. Februar 2007 zum Arbeitsgericht Ludwigshafen erhobenen Klage begehrt der Kläger eine Entschädigung wegen diskriminierender Nichteinstellung.

Die Beklagten betreiben eine internistische Gemeinschaftspraxis mit Schwerpunkten in Kardiologie und Gastroenterologie. Mit einer am 03. September 2006 in der „Z.“ geschalteten Anzeige suchten sie eine Arzthelferin mit mehrjähriger Berufserfahrung in Vollzeitbeschäftigung.

Der Kläger, der in der Zeit von 2000 bis 2003 eine Ausbildung zum Krankenpfleger beim Y. absolviert hat und dort in Vollzeit mit einer Vergütung von 2.400,00 EUR brutto bei mindestens zwei Wochenenddiensten im Monat und circa 20 Nachtdiensten im Jahr beschäftigt wird, bewarb sich auf diese Anzeige, (…)

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat durch Urteil vom 18. Juni 2007
– 8 Ca 324/07 – den verfolgten Entschädigungsanspruch abgewiesen, weil eine unterschiedliche Behandlung nach § 8 Abs. 1 a AGG gerechtfertigt sei. Es sei vertretbar, wenn die beiden männlichen Beklagten insbesondere im Hinblick auf ihre weiblichen Patienten bei der Behandlung lediglich weibliche Arzthelfer heranziehen wollten. Der Zweck, weiblichen Patienten die Scheu vor Untersuchungen zu nehmen, sei rechtmäßig und die Anforderung der Beklagten auch angemessen. (…)

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat k e i n e n Anspruch gemäß § 15 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Danach könnte dem Kläger ein auf drei Monatsgehälter begrenzter Entschädigungsanspruch zustehen, wenn er als Bewerber auf die von den Beklagten ausgeschriebene Stelle wegen seines Geschlechts benachteiligt worden wäre.

1.

Nach der von der Berufungskammer für zutreffend gehaltenen und übertragbaren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur früheren Regelung des § 611 a BGB (vgl. BAG, Urteil vom 27. April 2000 – 8 AZR 295/99 -) stellen die vorgenannten Rechtsgrundlagen nicht auf die formale Position eines allein durch die Einreichung eines Bewerbungsschreibens begründeten Status als „Bewerberin“ oder „Bewerber“ ab, sondern auf die materiell zu bestimmende objektive Eignung als Bewerber bzw. Bewerberin. Deshalb kann im Stellenbesetzungsverfahren nur benachteiligt werden, wer sich subjektiv ernsthaft beworben hat und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt.

Nach Auffassung der Berufungskammer kommt der Kläger trotz seiner abgeschlossenen Ausbildung als Krankenpfleger im Y. nicht für die von den Beklagten – sie betreiben eine internistische Gemeinschafts-Praxis mit Schwerpunkten in Kardiologie und Gastroenterologie – ausgeschriebene Stelle einer Arzthelferin mit mehrjähriger Berufserfahrung in Betracht. Es fehlt an einer vollständigen objektiven Vergleichbarkeit. (…)

2.

Darüber hinaus steht dem Entschädigungsanspruch auch der von den Beklagten erhobene Einwand des Mangels der Ernsthaftigkeit der Bewerbung entgegen.

Insoweit wird von der Berufungskammer ebenfalls für zutreffend gehaltene Rechtsprechung vertreten, dass dem Entschädigungsanspruch der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengesetzt werden kann, falls eine Bewerbung erweislich nur zum Zwecke des Erwerbs von Entschädigungsansprüchen verfolgt wird (…).

Nach dem Gehaltstarifvertrag für Arzthelferinnen vom 23. Januar 2002 liegen die Gehälter für vollzeitbeschäftigte Arzthelferinnen vom ersten bis zum dritten Tätigkeitsjahr bei circa 1.300,00 EUR brutto, während der Kläger nach den Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ein Einkommen von 2.400,00 EUR brutto hat. Selbst, wenn die Vergütung für Arzthelferinnen etwas höher anzusetzen wäre, würde sich bei einer Differenz von ca. 1.000,00 EUR pro Monat eine erhebliche Vergütungsbuße ergeben, die für sich gesehen bereits Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung aufkommen lässt.

Die Begründung, keine Nachtdienste und auch keine Wochenenddienste mehr leisten zu wollen, erscheint der Kammer ebenfalls nicht zwingend, da sich die Nachtdienste auf circa 20 im Jahr und die Wochenenddienste auf circa zwei im Monat belaufen. Hierin liegt für den nicht verheirateten und damit keinen Familienpflichten unterliegenden Kläger keine solche Belastung, die einen erstzunehmenden Umstieg aus dem vom Sozialstatus ohnehin höher anzusiedelnden Beruf eines Krankenpflegers in den eines Arzthelfers nachvollziehbar erscheinen lassen. (…)

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