ArbG Frankfurt: Mobbing und tarifvertragliche Ausschlussfrist


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Das Arbeitsgericht Frankfurt – 7 Ca 5101/06 – hatte in einem Fall zu entscheiden bei dem es um zum Teil bis zum Jahr 1998 zurückreichende Mobbinghandlungen ging. Das Gericht kam zu der Ansicht, dass wenn ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber die Geltung eines Tarifvertrages vereinbart in dem eine Ausschlussfrist festgeschrieben ist diese Ausschlussfrist auch für Ansprüche aus Mobbing greift.

Hinweis:

Jedem der Opfer von Mobbing ist sei deswegen geraten sich innerhalb einer ggf. in einem Tarifvertrag festgelegten Ausschlussfrist rechtzeitig um die Wahrung seiner Rechte zu kümmern.

Aus dem Urteil (bearbeitet und gekürzt):

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über eine von der Klägerin geltend gemachte Geldentschädigung für eine Verletzung der Gesundheit und ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aufgrund Mobbings durch die beiden Beklagten.

Die rund 55-jährige Klägerin ist am … 19… geboren und verheiratet. Sie war vom 01.01.1980 bis zum 25.01.2006 bei der Beklagten zu 1.) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Die Klägerin ist staatlich examinierte und anerkannte Diätassistentin. Sie war zunächst Leiterin der Diätküche und war eingruppiert in BAT Vb. Mit Wirkung vom 01.05.1992 wurde ihr die Tätigkeit der Ernährungsberaterin/Diätassistentin übertragen. Für diese Tätigkeit gibt es eine Stellenbeschreibung vom 13.04.1992. Hiernach war es Aufgabe der Klägerin, die Patienten und Mitarbeiter aller Kliniken in allen Fragen der vollwertigen Ernährung und diätischen Therapie zu beraten. Der ernährungsbeauftragte Arzt ist fachlicher Vorgesetzter, während der Verwaltungsdirektor und der Personalleiter disziplinarische Vorgesetzte der Klägerin sind. Es galten weiterhin die Regelungen des Arbeitsvertrages vom 21.01.1980 . Zuletzt erhielt die Klägerin eine Bruttomonatsvergütung i.H.v. € 3.210,21 (…).

Die Klägerin behauptet, dass sie mindestens seit 1998 einer fortgesetzten Systematischen Schikane am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen sei, die sowohl zu einer Gesundheitsbeschädigung als auch zu einer Verletzung ihres allg. Persönlichkeitsrechts geführt habe. Seit der Einstellung von Frau … sei es zu einem schleichenden Prozess bis hin zum vollständigen Entzug der Aufgaben der Klägerin gekommen. In diesem Zusammenhang erhebt die Klägerin die nachfolgenden Vorwürfe gegenüber den Beklagten und behauptet:

– Bereits kurz nachdem Frau … ihre Tätigkeit aufgenommen hätte, sei die Klägerin als Ernährungsberaterin bei einer Veranstaltung, zu der der Beklagte zu 2.) und die Firma … eingeladen hätten, nicht vorgestellt worden, während der Beklagte zu 2.) die Diabetesberaterin Frau … die sogar in der ersten Reihe Platz genommen hätte, vorgestellt hätte.

– Ende des Jahres 1998 habe der Beklagte zu 2.) gegenüber einem Außendienstmitarbeiter der Firma … die Diabetesberaterin Frau … als Ernährungsberaterin vorgestellt.

– Im November 1998 sei die Diabetesberaterin Frau … zur Klägerin gekommen und hätte gebeten, dass die Klägerin ihr Arbeit abgebe, was die Klägerin abgelehnt hätte. In der Folgezeit sei Frau … als Ernährungsberaterin vom Beklagten zu 2.) protegiert worden, so dass Ärzte ihre Aufträge nicht mehr bei der Klägerin sondern bei Frau … abgegeben hätten. (…)

Die Klägerin ist daher der Ansicht, dass sie seit der Einstellung von Frau … nicht mehr arbeitsvertragskonform beschäftigt worden sei. Die Klägerin hat den Eindruck, dass sie sie aus dem Team und ihrer Tätigkeit gedrängt worden sei. So habe sie zuletzt nur noch rund eine Stunde am Tag in ihrer Tätigkeit als Ernährungsberaterin gearbeitet. Aufgrund der fortgesetzten Schikane sei sie zur Kündigung der Arbeitsverhältnisses gezwungen gewesen. Die Klägerin behauptet ferner, dass sie bereits Ende 1999 – ausgelöst durch die ständige Stresssituation – massive gesundheitliche Probleme gehabt hätte. So habe sie neben Depressionen Magen-, Bauch-, Kopf- und Rückenschmerzen gehabt. Ferner habe sie Schweißausbrüche und Atemnot in Gesprächen bekommen. Sie habe ferner Schlafstörungen, Erschöpfungszustände und Konzentrationsprobleme gehabt. Insgesamt sei die Klägerin einer jahrelangen Belastungssituation am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen. Auch ein nervenärztliches Gutachten von Frau Dr. … würde die Erkrankung auf die Situation der Klägerin am Arbeitsplatz zurückführen. Im Hinblick auf die Ausschlussfrist des § 70 BAT behauptet die Klägerin, dass sie dem Personalleiter der Beklagten zu 1.) in einem Gespräch nach dem 26.10.2005 mitgeteilt habe, dass zum damaligen Zeitpunkt € 84.000,00 gefordert würden. Herr … sei hierauf aber nicht eingegangen. Außerdem ist die Klägerin der Ansicht, dass die Ausschlussfrist ohnehin nicht bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts eingreifen würde. (…)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, da – im Hinblick auf die Beklagte zu 1.) – die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht gewahrt ist und – im Hinblick auf beide Beklagten – die streitgegenständlichen Sachverhalte kein Mobbing darstellen und die Ansprüche im Übrigen zum Teil bereits verjährt sind. (…)

Die Klage ist allerdings unbegründet, da der Klägerin weder gegenüber der Beklagten zu 1.) noch gegenüber dem Beklagten zu 2.) Ansprüche auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allg. Persönlichkeitsrechts bzw. auf Schmerzensgeld wegen einer Gesundheitsbeschädigung zustehen.

Die Klage gegenüber der Beklagten zu 1.) ist unbegründet, da der Beklagten zu 1.) keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung bzw. keine unerlaubte Handlung vorgeworfen werden kann und die Klägerin die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 70 BAT nicht gewahrt hat.

Als Anspruchsgrundlagen für die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin (Zahlung von Schmerzensgeld und Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung) kommen zunächst nur die §§ 823 ff. BGB i.V.m. § 847 BGB a. F. bzw. § 253 Abs. 2 BGB, sofern die Beklagte selbst oder durch ihre Organe (§ 31 BGB) gehandelt hat, einschließlich eines Auswahl- oder Überwachungsverschuldens gemäß § 831 BGB, in Betracht. Auf den Gesichtspunkt der Vertragsverletzung (§ 280 BGB i.V.m. § 278 BGB) nach neuem Recht kann sich die Klägerin erst für Sachverhalte nach dem 01.08.2002 (siehe Art. 229 § 9 EGBGB) stützen, da die Neufassung von § 253 BGB und die Aufhebung der Regelung in § 847 BGB a. F. (Schmerzensgeld) erst mit Wirkung zum 01.08.2002 in Kraft getreten ist. Bei vertraglichen Verletzungen (sog. positive Vertragsverletzung (pVV) nach altem Recht gemäß §§ 280, 286, 325, 326 BGB a. F.) war ein Schmerzensgeld oder eine sonstige billige Entschädigung in Geld ausgeschlossen. Eine mögliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten zu 1.) beruht in diesem Zusammenhang auf folgendem Gedanken: Der Arbeitgeber hat aufgrund der im Arbeitsverhältnis bestehenden Fürsorge- und Treuepflichten Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Die Verletzung dieser arbeitsvertraglichen Nebenpflichten stellt eine Schlechterfüllung des Arbeitvertrages dar. Nach allgemeiner Ansicht in der Literatur liegt beim Mobbing durch den Arbeitgeber regelmäßig eine Verletzung seiner Fürsorgepflicht vor.

Den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellend kann jedoch vorliegend der Beklagten zu 1.) weder eine Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht noch eine deliktische Handlung und in der Folge weder eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin noch eine Gesundheitsbeschädigung zur Last gelegt werden. Die Vorwürfe der Klägerin konzentrieren sich zunächst auf den Zeitraum 1998-2001, anschließend werden nur noch einzelne Ereignisse herausgegriffen. Rechtswidriges oder gar systematisch schikanöses Verhalten der Beklagten zu 1.) lässt sich nicht erkennen. Dem Sachvortrag der Klägerin kann nach Auffassung der Kammer nämlich bereits keine eigene, von der Beklagten zu 1.) selbst bzw. ihren Organen (§ 31 BGB) oder Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) aktiv begangene Persönlichkeitsverletzung oder von ihren Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) begangene unerlaubte Handlung entnommen werden. Weder mit der Einstellung noch mit der Tätigkeit von Frau … an sich verletzt die Beklagte zu 1.) ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Die Klägerin hat kein Monopol auf Ernährungsberatung. Außerdem ist Frau … nur in der Med. Klinik II beschäftigt, währen die Klägerin für sämtliche Kliniken zuständig ist. Soweit die maßgeblichen Mobbingvorwürfe vielmehr an das (deliktische) Handeln der Vorgesetzten oder das des Beklagten zu 2.) anknüpfen, die jedoch nicht zu den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu 1.) zählen, sind sie für die vorliegenden Ansprüche unbeachtlich. Auch kann keine eigene Tathandlung der Beklagten zu 1.) in Form des Unterlassens festgestellt werden. Die Beklagte zu 1.) ist über die Jahre der Ansicht gewesen, dass die Klägerin ihrer Tätigkeit arbeitsvertragsgemäß nachgeht, und weder die Regelungen des Arbeitsvertrages noch die der maßgeblichen Stellenbeschreibung für die Klägerin sind von der Beklagten zu 1.) eingeschränkt worden. Soweit die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1.) habe ihr keine ausreichende Tätigkeit zugewiesen, die für Vollzeitstelle genügend sei, bzw. die Beklagte zu 1.) habe auf die Schreiben der Klägerin, der ÖTV bzw. der Prozessbevollmächtigten nicht reagiert, trägt die Klägerin aber nicht vor, dass die Beklagte zu 1.) bzw. ihre Organe diese behauptete Untätigkeit bzw. die vermutete Ignoranz nach außen hin mit herabwürdigenden Äußerungen versehen oder sonst wie durch zusätzliche Umstände die Klägerin herabgewürdigt. Mangelnde Gesprächsbereitschaft auf Seiten der Beklagten zu 1.) kann insofern nicht zur Begründung von Schmerzensgeld oder Entschädigungsansprüchen führen. Auch für die Annahme eines Organisations- bzw. Auswahlverschuldens (§ 831 BGB) bei der Beklagten zu 1.) besteht kein Anlass. Soweit Meinungsverschiedenheiten zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2.) über die Kompetenzen der Klägerin und diejenigen von Frau … bestanden haben, bestand zu keinem Zeitpunkt für die Beklagte zu 1.) bzw. ihre Organe daran zu zweifeln, dass es sich um eine sachliche Auseinandersetzung handeln. Jedenfalls trägt die Klägerin nicht vor, dass die Beklagte zu 1.) zu irgendeinem Zeitpunkt mit der Gefahr konkreter Gesundheitsbeeinträchtigungen oder ernsthafter Persönlichkeitsrechtsverletzungen rechnen musste. Letztlich kann es aber dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ansprüche der Klägerin erfüllt sind, da die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 70 BAT nicht gewahrt wurde, wie nachfolgend ausgeführt wird.

Etwaige Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1.) unterliegen kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 70 BAT, die vorliegend von der Klägerin nicht beachtet wurde.

Gegen die wirksame Einbeziehung bzw. den wirksamen Verweis auf den BAT und damit auch auf die Regelung in § 70 BAT bestehen keine Bedenken. Auch kann es dahinstehen, ob die in Bezug genommene Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag der Klägerin einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 310 Abs. 4 BGB unabhängig davon, dass es um einen Altvertrag geht, unterliegt, da jedenfalls auch bei Neuverträgen nach der jüngeren Rechtsprechung des BAG bei einer sechsmonatigen Ausschlussfrist keine Bedenken im Hinblick auf eine etwaige unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bestehen. Bei Altverträgen gilt somit erst recht nichts anderes. Auch ist es rechtlich unbedenklich, dass § 70 BAT an die „Fälligkeit“ des Anspruchs anknüpft.

Des Weiteren unterfallen die Ansprüche der Klägerin (Schmerzensgeld wegen Gesundheitsbeschädigung und Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung), insbesondere soweit sie auf unerlaubten Handlungen beruhen, dem sachlich-gegenständlichen Bereich des § 70 BAT, da es sich um „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ handelt.

Es sind vorliegend keine Gründe zu erkennen, die es rechtfertigen würden, Ansprüche aus Vertragsverletzung oder unerlaubter Handlung der Ausschlussklausel des § 70 BAT zu entziehen. Sinn und Zweck derartiger Ausschlussklauseln liegen gerade darin, für die Parteien des Arbeitsverhältnisses zeitnah Klarheit über etwa streitige Rechtspositionen zu schaffen. Der tägliche Kontakt der Arbeitsvertragsparteien schafft laufend neue Tatsachen, aus denen sich für die eine oder andere Partei Rechtsansprüche ergeben können. Je länger der maßgebliche Lebenssachverhalt zurückliegt, desto schwieriger erweist sich im Nachhinein die vollständige Aufklärung des Sachverhalts und die Klärung der Rechtslage, wodurch die bestehende Rechtsbeziehung nachhaltig belastet wird. Eben aus diesem Grunde wird der Gläubiger durch die Ausschlussfrist angehalten, alsbald nach Fälligkeit des Anspruchs gegenüber dem Gegner das Bestehen seiner Forderung geltend zu machen. Soweit man in Fällen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen Besonderheiten oder Abweichendes etwa damit begründen möchte, dass möglicherweise erst die Summe verschiedener Einzelhandlungen den Charakter eines Mobbingverhaltens erreichen kann und damit für den Betroffenen erkennbar wird, entsteht der Anspruch eben erst dann, wenn die letzte Handlung erfolgt ist. In Übereinstimmung mit der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung geht die Kammer vorliegend davon aus, dass auch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem sog. Mobbingverhalten den einschlägigen Ausschlussklauseln unterliegen ausgeführt hat, der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte unterliege nicht dem tariflichen Verfall, steht dies der Unterwerfung von Schmerzensgeld- und Entschädigungsansprüchen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung unter die Ausschlussklausel nicht entgegen. Da von einer unberechtigten Abmahnung eine fortwährende Störung des allg. Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers ausgeht, entsteht der auf Beseitigung der Störungsquelle gerichtete Abwehr- bzw. Unterlassensanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB laufend neu, solange die Störung anhält. Damit scheidet ein tariflicher Verfall in der Tat aus. Eine allgemeine Ausnahme für Sekundäransprüche aus Persönlichkeitsrechtsverletzung bzw. Gesundheitsbeschädigung lässt sich mit der genannten Entscheidung nicht begründen. Außerdem besteht vorliegend zwischen den (quasi-)vertraglichen und den deliktischen Anspruchsgrundlagen, auf die die Klägerin ihr Klagebegehren stützt, eine Anspruchskonkurrenz, da sie auf demselben Sachverhalt beruhen. Beim Zusammentreffen von vertraglichen und deliktischen Ansprüchen besteht aber, wenn ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt, kein Grund dafür, letztere per se vom Geltungsbereich tariflicher oder vereinbarter Verfallklauseln auszunehmen. Auch nach Auffassung des BAG sind Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Gesundheitsverletzung und Verletzung des Persönlichkeitsrechts dem tariflichen Verfall nur dann nicht entzogen, wenn nicht zugleich eine Verletzung der Fürsorgepflicht geltend gemacht werde. Umgekehrt heißt dies nichts anderes, als dass im Falle des Zusammentreffens vertraglicher und deliktischer Anspruchsgrundlagen nicht allein die vertraglichen Ansprüche wegen erlittener Vermögensschäden, sondern auch die deliktischen Ansprüche wegen Gesundheits- und Persönlichkeitsverletzung (einschließlich immaterieller Schäden) innerhalb der maßgeblichen Ausschlussfristen, vorliegend der des § 70 BAT, geltend zu machen sind.

Da die Klägerin seit dem 27.10.2004 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen, endete das angebliche Mobbingverhalten der Beklagten zu 1.) somit am 27.10.2004, so dass die sechsmonatige Ausschlussfrist (spätestens) am 27.10.2004 begann. Weder das Schreiben der Klägerin vom 26.10.2005 – unabhängig von der Frage, ob es den inhaltlichen Anforderungen genügt (siehe unten) – noch die Klageschrift vom 18.07.2006 konnten somit die Ausschlussfrist des § 70 BAT wahren. (…)

Die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2.) ist unbegründet, da der Beklagten zu 2.) innerhalb nicht verjährter Zeit keine unerlaubte Handlung zu Lasten der Klägerin vorgenommen hat.

Den Sachvortrag der Klägerin als wahr unterstellend ergibt sich vorliegend jedoch im Verhalten des Beklagten zu 2.) keine Mobbing-Struktur.

Mobbing – in der Literatur auch teilweise Psychoterror am Arbeitsplatz genannt – selbst ist kein Rechtsbegriff und muss daher, wenn der konturlose Begriff justiziabel werden soll, zunächst definiert werden. Das BAG versteht unter Mobbing das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Mit dem Begriff des Mobbings im arbeitsrechtlichen Verständnis werden fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen erfasst, die nach Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen.

Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen kann den Begriff des Mobbings erfüllen. Vielmehr ist es dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen immanent, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese Ausdruck des Ziels sind, den anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen. Für die Bejahung eines Mobbingverhaltens ist erforderlich, dass den Vorfällen, aus denen das Mobbing abgeleitet werden soll, eine verwerfliche Motivation des Mobbenden entnehmen lässt. Die arbeitsrechtliche Relevanz des Mobbings ergibt sich aus einer systematischen, prozesshaften Beeinträchtigung. Nicht die einzelne herabwürdigende Handlung ist charakteristisch, sondern das Systematische und Stetige, das sich aus einer Reihe solcher Handlungen ergibt und aus dem sich eine gegen den Betroffenen verfolgte Zielrichtung erkennen lässt. Bei der Gesamtschau ist zwar das belastende aber sozialadäquat hinzunehmende Handeln gegenüber schikanösem und diskriminierendem Verhalten abzugrenzen. Dabei kann vom Leitbild des einsichtig handelnden Durchschnittsarbeitgebers ausgegangen werden. Sozial adäquat muss aber auch die Reaktion des Arbeitnehmers auf belastendes Arbeitgeberverhalten sein. Der Arbeitnehmer trägt auch am Arbeitsplatz das mit der gesellschaftlichen Interaktion verbundene kommunikative Risiko. Dabei reicht das subjektive Gefühl, gemobbt zu werden oder ein Gefühl der Kränkung ohne das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht zur Annahme von Mobbing aus. Ein wechselseitiger Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer Beziehung zulässt, steht regelmäßig der Annahme eines Mobbingsachverhalts entgegen. Dabei ist die hierarchische oder betriebliche Stellung gleichgültig. Mobbing scheidet daher in allen Fällen von vornherein aus, in denen keiner der Beteiligten eindeutig die Schwelle zu einer Täter-Opfer-Beziehung überschritten hat. Das kann bei einem allgemein schlechten Betriebsklima mit gegenseitigen Unfreundlichkeiten der Fall sein. Auch negative Reaktionen von Vorgesetzten und Kollegen auf mangelhafte Arbeitsleistung sind grundsätzlich noch kein Mobbing.

In einem Schadensersatzprozess trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungslast der Mitarbeiter, der sich – wie hier – auf jahrelange Mobbing-Handlungen beruft, die Darlegungs- und Beweislast für die begangenen Rechtsgutverletzungen einschließlich des erforderlichen Verschuldens und der daraus resultierenden Erkrankungen. Die einzelnen Vorwürfe müssen nach Zeitpunkt, Häufigkeit und Intensität substantiiert vorgetragen werden.

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Voraussetzungen stellt das dem Beklagten zu 2.) zurechenbare Verhalten sowohl in einer Gesamtschau als auch unter Berücksichtigung des Verjährungseinwands kein Mobbing dar.

Die Vorwürfe der Klägerin konzentrieren sich zunächst auf den Zeitraum 1998-2001, anschließend werden nur noch einzelne Ereignisse herausgegriffen. Rechtswidriges oder gar systematisch schikanöses Verhalten des Beklagten zu 2.) lässt sich nicht erkennen. Weder mit der Einstellung noch mit der Tätigkeit von Frau … begehrt der Beklagte zu 2.) eine unerlaubte Handlung. Die Klägerin hat kein Monopol auf Ernährungsberatung. Außerdem ist Frau … nur in der Med. Klinik II beschäftigt, während die Klägerin nach ihrem Arbeitsvertrag für sämtliche Kliniken der Beklagten zu 1.) zuständig ist. Soweit es die Beurteilung der Leistung der Klägerin durch den Beklagten zu 2.) betrifft ist kein Verhalten zu erkennen, mit dem der Beklagte zu 2.) die Schwelle zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung geschweige denn zu einer Gesundheitsbeschädigung überschritten hätte. Auch die Anordnung detaillierter Arbeitsnachweise ist insofern nicht zu beanstanden. Sollte der Beklagte zu 2.) möglicherweise allgemein übliche Höflichkeitsformen nicht beachtet haben, stellt dies allein kein Mobbing dar. Auch ist es dem Beklagten zu 2.) nicht verwehrt, kraft seiner Position als Chefarzt und Ernährungsbeauftragter Arzt (ab 22.07.2004) die Arbeit zwischen der Klägerin und Frau … in dem dargelegten Sinne aufzuteilen. Sofern es dabei zu Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2.) gekommen ist, sind diese mangels Substantiierung nicht als Mobbing einzustufen, denn es fehlt an einer Täter-Opfer-Beziehung, wodurch ein Mobbingtatbestand von vornherein ausscheidet. Die Klägerin hat nach Auffassung der Kammer die Einstellung von Frau … und die dadurch erforderliche Zusammenarbeit mit dieser ersichtlich nicht gewollt und verkraftet und greift zur Darlegung des angeblichen Mobbings auf überwiegend völlig untergeordnete Vorkommnisse (z. B. die unterbliebene Vorstellung der Klägerin durch den Beklagten zu 2.) auf dem Seminar im Jahre 1998) zurück. Die von der Klägerin behaupteten Ereignisse stellen aber weder für sich alleine betrachtet noch in einer Gesamtschau Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierungen dar, da aus dem Sachvortrag weder eine Verletzungsabsicht des Beklagten zu 2.) noch ein unsachlicher Umgang noch eine Überschreitung seiner Kompetenzen entnommen werden kann.

Ergänzend ist zu bedenken, dass insbesondere im Hinblick auf die behaupteten Gesundheitsbeschädigungen jeder Sachvortrag zur haftungsausfüllenden Kausalität fehlt. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang schließlich auf angebliche ärztliche Gutachten verweist, in dem ein auf Mobbing zurückgeführtes Krankheitsbild festgestellt wird, so kann dies nicht zu einer anderen Bewertung des Vortrags der Klägerin führen. Eine Mobbingdiagnose ersetzt nicht den Vortrag konkreter Mobbinghandlungen. Die Mobbinghandlungen müssen konkret feststehen. Auch wenn ein Arzt ein entsprechendes Gutachten ausstellt, so wird das regelmäßig auf der Basis von Aussagen seines Patienten geschehen, da der Arzt nicht das Geschehen am Arbeitsplatz beurteilen kann. Selbst wenn man andere Ursachen ausschließen und einige Befunde als „typisch“ beurteilen kann, beweist das ärztliche Gutachten lediglich, dass der Betroffenen psychischem Druck ausgesetzt ist.

Wenn dann vorliegend noch ergänzend der zeitliche Aspekt und die Verjährungseinrede berücksichtigt werden, fällt der Mobbingvorwurf der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2.) in sich zusammen. Auch der Beklagte zu 2.) hat – in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2007 – die Einrede der Verjährung erhoben. Somit sind alle Sachverhalte, die vor dem 01.01.2003 erfolgt sein sollen, bei der Subsumtion unter die möglichen Anspruchsgrundlagen der Klägerin nicht zu beachten. Relevantes Verhalten des Beklagten zu 2.) erfolgt jedoch nach dem Sachvortrag der Klägerin aufgrund der häufigen Erkrankungen der Klägerin erst wieder als der Beklagte zu 2.) ab dem 22.07.2004 zum ernährungsbeauftragten Arzt ernannt wurde. Der Zeitraum von dieser Ernennung bis zur dauerhaften Erkrankung der Klägerin ab dem 27.10.2004 ist derart kurz, dass – unabhängig von dem Verhalten des Beklagten zu 2.) – kein systematisches, auf Schikane und Diskriminierung der Klägerin gerichtetes Verhalten gegeben sein kann. Aber auch die geschilderten angeblichen Vorfälle (Aufforderung zur peniblen Zeitdokumentation, militärisch anmutende Anweisungen oder die Übergabe des Briefes, indem dieser unter der Tür durchgeschoben wird) sind ungeeignet, einen Mobbingvorwurf gegenüber dem Beklagten zu 2.) zu begründen, da die Grenze des Sozialverträglichen nicht überschritten wurde.

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