Leibrentenzahlungen als Kosten der Unterkunft


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Das Sozialgericht Mainz hat am 20.03.2012 – S 10 AS 178/12 ER entschieden, dass monatliche Leibrentenzahlungen im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II als Unterkunftskosten zu übernehmen sein können, wenn der Eigentumsübergang an dem Grundstück bereits erfolgt ist und eine Vermögensbildung bei den Hilfebedürftigen nicht eintritt.
Dabei seien die Leistungen für ein Eigenheim nur in Höhe der Miete einer vergleichbaren angemessenen Mietwohnung zu übernehmen.
Die Kosten für eine Gebäudeversicherung, Schornsteinfeger u. ä. seien bei Eigentümern eines Grundstücks im Rahmen der Kosten der Unterkunft (KdU) in voller Höhe in den Monaten als Bedarf anzusetzen, in denen sie anfallen und sind nicht auf das Jahr gesehen mit einem monatlichen Teilbetrag anzusetzen.

Zur Begründung führt das Sozialgericht aus (bearbeitet und gekürzt):

Nach Ansicht der Kammer ist die Frage, inwieweit es gerechtfertigt ist, auch Tilgungsleistungen durch Steuermittel im Rahmen der KdU zu übernehmen und dadurch einen Vermögensaufbau bei den Leistungsberechtigten zu bewirken, hier nicht anzuwenden. Denn durch die Übernahme der monatlichen Leibrente durch steuerfinanzierte Mittel, wird das Vermögen der Antragsteller nicht vermehrt. Das Eigentum an dem Grundstück ist bereits vor Leistungsbezug der Antragsteller auf diese übergegangen. Die Eigentumsposition ist auch nicht – wie der Antragsgegner selbst vorträgt – in irgendeiner Weise bedingt, sondern – abgesehen von der Reallast und Rückauflassungsvormerkung – unbeschwert. Durch die Rentenzahlungen wird keine Vermögensbildung betrieben, die Zahlungen sind allenfalls dazu da, die bereits erworbene volle Eigentumsposition weiter zu sichern. Dieses Eigentum stellt aber gleichzeitig die Sicherstellung des auch im SGB II geschützten Grundbedürfnisses „Wohnen“ dar und die Zahlung dieses Rentenbetrages ist damit insoweit tatsächlich eher mit einer Mietzahlung vergleichbar. Die Verpflichtung zur Rentenzahlung stellt auch nicht eine bloße Verbindlichkeit dar, deren Nichtbedienung durch die Antragsteller aufgrund des Leistungsbezuges hinzunehmen ist. Aufgrund des vertraglichen Rücktrittsrechts ist ein Zusammenhang mit der Sicherung des Unterkunftsbedürfnisses der Antragsteller gegeben und damit eine Übernahme im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II auch gerechtfertigt, zumal sich keine Hinweise dafür finden, dass diese Zahlungsmodalität im kollusiven Zusammenwirken zwischen den Antragstellern und der Übergeberin gewählt wurde, um eine Übernahme durch öffentliche Mittel sicherzustellen. Eine Umgehung des grundsätzlichen Ausschlusses der Übernahme von Tilgungsleistungen vermag die Kammer daher nicht zu erkennen. (…)

Schließlich haben die Antragsteller auch einen Anordnungsanspruch bzgl. der Übernahme höherer Nebenkosten glaubhaft gemacht. Dies hat auch der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung erkannt; die Antragsteller haben unproblematisch grundsätzlich einen Anspruch auf Übernahme der ihnen gegenüber geltend gemachten Abgaben, der Gebäudeversicherung und der Schornsteinfegerkosten.

Allerdings sind diese Kosten nicht auf das Jahr gesehen zusammenzurechnen und dann auf einen monatlichen Betrag umzurechnen, so wie es der Antragsgegner tut und das Sozialgericht – jedenfalls die erkennende Kammer – es bislang auch akzeptiert hat. Sondern ausgehend von der monatlichen Bedarfsdeckung des SGB II, sind die Kosten dann zu übernehmen, wenn sie tatsächlich anfallen.

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