Neuberchnung wenn Kindergeld im Hartz 4 Bezug zu Unrecht angerechnet wurde


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Das Sozialgericht Detmold – S 8 AS 61/08 – hat entschieden, dass wenn Kindergeld zu unrecht gezahlt wurde und später zurück gefordert wird das als Einkommen im Rahmen des SGB II Bezuges berücksichtigt wurde regelmäßig eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes stattfinden muss und der Hilfeempfänger die entsprechenden Beträge nach gezahlt bekommt.

Aus dem Urteil (bearbeitet und gekürzt):

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.10.2006 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann.

Der am 00.00.1980 geborene Kläger steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Für den Kläger wurde durch die Familienkasse Bielefeld Kindergeld gezahlt. Für den Zeitraum Juli 2005 bis Juli 2006 wurde das Kindergeld an den Vater des Klägers, Herrn B B gezahlt. Ab August bis Dezember 2006 wurde das Kindergeld direkt an den Kläger als Abzweigungsempfänger ausgezahlt. (…)

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 19.04.2007 hob die Familienkasse Bielefeld die Festsetzung des Kindergeldes für den Kläger ab Juli 2005 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht vorlägen. Eine Ausbildung werde nach Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt. Der Kläger sei somit nicht mangels Ausbildungsplatz gehindert, eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Nach den Daten der für die Ausbildungsstellenvermittlung zuständigen Stelle werde der Kläger dort nicht bzw. nicht mehr als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle geführt. Eigene Bemühungen um einen Ausbildungsplatz seien nicht bzw. nicht ausreichend nachgewiesen. Kindergeld sei für den Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2006 in Höhe von 2.772,00 EUR überzahlt worden. Das Kindergeld bis einschließlich Juli 2006 sei vom Vater des Klägers, das Kindergeld von August bis Dezember 2006 vom Kläger als Abzweigungsempfänger zurückzuzahlen. (…)

Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, die Bescheide vom 13.02.2006, 20.07.2006, 16.08.2006 und 17.10.2006 insoweit gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen, als dass hierin Kindergeld in Höhe von – nach Erteilung des teilweisen Abhilfebescheides vom 14.02.2008 – noch 124 EUR monatlich für die Monate August bis Oktober 2006 als Einkommen im Rahmen der Leistungsbewilligung angerechnet wird. (…)

Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Zeitraum zu Unrecht das Kindergeld in Höhe von 124,00 EUR monatlich als Einkommen des Klägers gemäß § 11 SGB II angerechnet.

Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Rente oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz zu berücksichtigen. Gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 SGB II ist der Kinderzuschlag nach § 6 a des Bundeskindergeldgesetzes als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird.

Umfasst werden vom Einkommensbegriff des SGB II also sämtlich Geldzahlungen sowie weitere Leistungen, die nicht Geldleistungen sind, aber einen Geldwert haben. Einnahmen in Geld sind dabei nicht nur Einnahmen in Form von Bargeld, sondern auch unbare Zahlungen mittels Überweisung oder Scheck. Nicht als Einkommen anzusehen sind dagegen Einkünfte, die von vornherein mit einer Rückzahlungspflicht verbunden sind – beispielsweise aus einem Darlehen -, da solche nicht endgültig zur Verwendung zur Verfügung stehen und deshalb nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auch nicht verwendet werden können. Entscheidungserheblich ist, ob im Zeitpunkt des Zuflusses die Rückzahlungsverpflichtung eindeutig festgestellt werden kann.

Hier war das dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum ausgezahlte Kindergeld bereits mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet. Im streitgegenständlichen Zeitraum hatte der Kläger bereits keinen Anspruch mehr auf Kindergeld. (…) Unerheblich ist, dass die Familienkasse die Rückzahlungsverpflichtung erst durch einen späteren, nach Ablauf der streitgegenständlichen Bewilligungszeiträume erlassenen Bescheid konkretisiert hat.

Soweit die Beklagte einwendet, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum das Kindergeld tatsächlich zur Bedarfsdeckung verwenden konnte, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Argumentation der Beklagten liegt letztlich der für das Bundessozialhilfegesetz entwickelte Grundsatz „Keine Sozialhilfe für die Vergangenheit“ zugrunde. Dieser ist jedoch auf das SGB II nicht übertragbar. (…)

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