Nicht jede angebotene Arbeitsangelegenheit ist zumutbar


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Das Sozialgericht Berlin – S 37 AS 14128/09 – hat entschieden, dass allein der Umstand längerer Arbeitslosigkeit nicht zur Vermittlung in eine Arbeitsgelegenheit berechtigt. Voraussetzung ist, dass  durch die Arbeitsgelegenheit (AGH) der Einstieg in eine reguläre Arbeit verbessert werden kann. Keinesfalls dürften Arbeitsgelegenheiten zur Ermittlung von Schwarzarbeit oder zur Prüfung der Arbeitsbereitschaft eingesetzt werden. Die Vermittlung in eine Arbeitsgelegenheit zur Abschreckung und Disziplinierung stelle einen Missbrauch dieses für Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen vorgesehenen Förderinstruments dar. Daher war im hier entschiedenen Fall eine Sanktion wegen Nichtaufnahme der Arbeit rechtswidrig.

Das Gericht hat dies im wesentlichen wie folgt begründet (bearbeitet und gekürzt):

Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB II muss der Hilfebedürftige eine Arbeitsgelegenheit (AGH) annehmen, wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt „in absehbarer Zeit“ nicht möglich ist. Dies hat der SGB II-Träger vor Vermittlung in eine AGH festzustellen, etwa mittels eines Profilings oder durch fehlgeschlagene nachhaltige Vermittlungsbemühungen in den ersten Arbeitsmarkt.

Keinesfalls dürfen AGH´s zur Ermittlung von Schwarzarbeit oder zur Prüfung der Arbeitsbereitschaft eingesetzt werden, geschweige denn als bloße Hinzuverdienst-Maßnahme für Langzeitarbeitslose. Abgesehen von der damit verbundenen Verschwendung öffentlicher Fördermittel, fehlt einer in dieser Funktion eingesetzten AGH die Eignung zur Arbeitsmarktintegration. Dabei muss sich die Eignung auf den Qualifizierungseffekt der Maßnahme beziehen, für die der Maßnahmeträger ja die Mittel erhält. Die Vermittlung in eine AGH zur Abschreckung und Disziplinierung ist ein Missbrauch dieses für Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen vorgesehenen Förderinstruments.

Liegen keine besonderen, mittels AGH zu behebenden oder zu mildernden Vermittlungshemmnisse vor, ist der Beklagte gefordert, durch Unterbreitung regulärer Arbeitsangebote und Eingliederungsvereinbarungen über zielgerichtete Bewerbungsbemühungen die Arbeitsbereitschaft zu prüfen und kann mangelnde Mitwirkung dann bis zum kompletten Leistungsentzug (in der Form der passiven Geldauszahlung) sanktionieren.

Nach Ansicht der Kammer kann der Kläger in eine reguläre Arbeit vermittelt werden. Schwerwiegende Integrationshemmnisse (Suchterkrankung, psychische Probleme, Anpassungsstörungen, Intelligenzdefizite und Ähnliches) sind weder erkennbar noch vom Beklagten ermittelt worden. Allein der Umstand längerer Arbeitslosigkeit berechtigt nicht zur Vermittlung in eine AGH, es sei denn, hierüber kann der Einstieg in eine reguläre Arbeit verbessert werden, was bei der hier im Streit stehenden Maßnahme mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Die zu verrichtenden Hilfsarbeiten einfachster Art kann der Kläger ohne weiteres in entsprechenden Hilfsjobs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Reinigungskraft, Bauhelfer, Wachschutz etc.) ausüben, Hilfsjobs, die ihm wegen der Dauer des Leistungsbezugs zumutbar sind.

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