Sanktion wegen nicht angetretenem Ein-Euro-Job rechtswidrig


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Das Sozialgericht Detmold –  S 18 (11,23) AS 212/07 hat entschieden, dass für die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheides der 60 % der Regelleistung kürzt weil der betreffende einen Ein-Euro-Job nicht angenommen hat erforderlich ist, dass der Hilfebedürftige einen konkreten Job angeboten bekommt. Ein allgemeines Angebot reicht nicht aus.

Aus dem Urteil 8bearbeitet und gekürzt):

Sachverhalt:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Absenkung des Arbeitslosengeldes II (Alg II) streitig.

(…)  Am 08.06.2007 fand ein Termin zur persönlichen Vorsprache des Klägers bei der Beklagten statt. (…) Weiterhin wurde ihm im Rahmen dieses Termins mündlich die Teilnahme an der sog. „Pluslohnmaßnahme“ bei der B e.V. in H angeboten. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab. Über die Ablehnung wurde eine Niederschrift gefertigt, in der der Kläger als Grund angab, dass es das erste Angebot sei was er vom Arbeitsamt erhalten habe. Mit Bescheid vom 26.06.2007 senkte die Beklagte das Alg II des Klägers für 3 Monate ab dem 01.07.2007 wegen fehlenden Eigenbemühungen ab. Mit weiterem Bescheid vom 19.07.2007 senkte die Beklagte das Alg II des Klägers um einen Betrag i.H.v. 208,- EUR für die Dauer von 3 Monaten ab dem 01.08.2007 ab und hob den zugrunde liegenden Bewilligungsbescheid vom 20.03.2007 in der Form des letzten Änderungsbescheides insoweit auf. Die Absenkung des Alg II begründete die Beklagte mit der Ablehnung einer zumutbaren Maßnahme nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II durch den Kläger. (…)

Entscheidungsgründe:

(…) Eine Absenkung des Alg II ist unter den Voraussetzungen des § 31 SGB II möglich. Dies erfordert, dass dem Leistungsempfänger eine der in § 31 Abs. 1 SGB II genannten Pflichtverletzungen vorzuwerfen ist, eine Belehrung über die Rechtsfolgen erteilt wurde und der Leistungsempfänger keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweisen kann. Im Fall einer ersten wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II wird das Alg II um 60 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung gemindert (§ 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II).

Die Voraussetzungen für eine Absenkung um 60 % der maßgeblichen Regelleistung gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 d, Abs. 3 Satz 1 SGB II wegen Weigerung zumutbarer Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. auszuführen liegen nicht vor. Bei der von der Beklagten als sog. „Pluslohnmaßnahme“ angebotenen Maßnahme handelt es sich um eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandentschädigung im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. Die leistungsrechtliche Sanktionierung einer Weigerung des Klägers an der Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung teilzunehmen erfordert neben der Zumutbarkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB II) auch dass ihm die Arbeitsgelegenheit in hinreichend bestimmter Art und Weise angeboten wird. Insbesondere muss sich aus dem Angebot neben dem Träger der Maßnahme auch die Art, der Umfang sowie die zeitliche Verteilung der Tätigkeit ergeben sowie die Höhe der Mehraufwandsentschädigung. Die Bestimmtheit des Angebotes ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F., insbesondere handelt es sich hierbei nicht um eine Frage eines wichtigen Grundes, für den der Leistungsempfänger die objektive Beweislast trägt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht nachgewiesen, dass dem Kläger am 08.06.2007 durch die Beklagte ein hinreichend bestimmtes Angebot für eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung (insbesondere hinsichtlich Art und Umfang der Maßnahme) unterbreitet wurde. Die als Zeugin vernommene Mitarbeiterin der Beklagten, Frau B1, konnte nicht mit Sicherheit bekunden, ob sie während des Termins am 08.06.2007 gegenüber dem Kläger die Maßnahme hinsichtlich Art der Tätigkeit, dem Umfang der Tätigkeit sowie deren zeitlichen Aspekt ausführlich dargestellt hatte. Mithin fehlt es am Nachweis, dass dem Kläger am 08.06.2007 ein hinreichend bestimmtes Angebot einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung unterbreitet wurde. Hierbei kann dahinstehen, ob eine ausführliche und bestimmte Beschreibung der Maßnahme gegenüber dem Kläger bereits am 14.02.2007 erfolgte. Selbst wenn dies der Fall wäre, so reicht die Beschreibung der Maßnahme knapp 4 Monate zuvor nicht aus um hierauf ein erneutes Angebot am 08.06.2007 stützen zu können. Vielmehr hätte die Beklagte an diesem Termin den Kläger ein bestimmtes Angebot unterbreiten müssen und nicht lediglich auf eine möglicherweise bereits erteilte Maßnahmenbeschreibung verweisen dürfen. Der fehlende Nachweis des bestimmten Angebots, mit der Folge der Rechtswidrigkeit einer Sanktionierung der Weigerung dieses Angebots anzunehmen, fällt auch im Ergebnis zutreffend der Beklagten zur Last. Denn es fällt in ihren Verantwortungsbereich ein Maßnahmenangebot dergestalt zu dokumentieren, dass bei einer Weigerung seitens des Leistungsempfängers hieran leistungsrechtliche Sanktionierungen angeknüpft werden können. Ungeachtet der Möglichkeit eines Leistungsträgers einem Leistungsempfänger mündlich rechtswirksam entsprechende Angebote zu unterbreiten, läge es bereits aus Gründen der Nachweisbarkeit im Interesse der Beklagten in solchen Fällen das Maßnahmenangebot schriftlich zu fixieren. Im Hinblick auf das Erfordernis der Bestimmtheit eines Angebots einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. kann es dahinstehen, ob dieses Angebot selbst als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu qualifizieren ist, denn das Bestimmtheitsgebot gilt in jedem Fall. Handelt es sich bei dem Arbeitsangebot um einen Verwaltungsakt, so ergibt sich dieses bereits aus § 33 Abs. 1 SGB X. Aber auch wenn es sich bei dem Arbeitsangebot um einen Verwaltungsrealakt handelt müsste es hinreichend bestimmt sein. Denn nur ein hinreichend bestimmtes Angebot ermöglicht es dem Leistungsempfänger zu prüfen, ob die angebotene Maßnahme den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. entspricht. Insbesondere, ob das Maßnahmenangebot zumutbar ist und ob zulässige Ablehnungsgründe vorliegen. (…)

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