Sanktionen müssen gut begründet sein


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Vor einer Woche hatte ich schon einmal das Thema Sanktion hier im Blog (Thema war dort, dass Sanktionen innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen müssen). Dies soll nun wieder aufgegriffen werden und ich möchte eine Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg vorstellen.

Das Landessozialgericht Hamburg (Aktenzeichen L 5 AS 78/09) hat am 18.08.2010 entscheiden, dass eine Sanktionsentscheidung schon im Sanktionsbescheid ausreichend begründet werden müssen, da die Sanktion anderenfalls unrechtmäßig erfolgt. Zudem müssen Rechtsfolgenbelehrungen konkret auf den Einzelfall bezogen sein und dürfen nicht allgemein erfolgen.

Die anwaltliche Überprüfung einer Sanktionsentscheidung ist daher eigentlich immer anzuraten.

Das Landessozialgericht begründet seine Entscheidung wie folgt:

§ 31 Abs. 2 SGB II setzt voraus, dass der Hilfebedürftige „trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen“ der Meldeaufforderung nicht nachgekommen ist. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit der jeweiligen Meldeaufforderung erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus dem Nichtnachkommen der Aufforderung für ihn ergeben, wenn er für sein Verhalten keinen wichtigen Grund nachweist. Diese strengen Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinreichend über die gravierenden Folgen des § 31 Abs. 2 SGB II (Absenkung der für ihn maßgebenden Regelleistung in einer ersten Stufe um 10% und Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II) zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen. Denn nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung kann die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen (vgl. BSG Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R, mit zahlreichen Nachweisen, juris).

Diese Warn- und Steuerungsfunktion geht verloren, wenn der Grundsicherungsträger die Rechtsfolgenbelehrung derart standardisiert, dass sie – wie vorliegend in den Meldeaufforderungen – abstrakt alle denkbaren Arten von Verletzungen der Meldepflicht und deren Folgen aufzählt. Hinreichend belehrt wird der Adressat nämlich nur, wenn nur die konkrete Meldeaufforderung, an deren Nichtnachkommen nachteilige Folgen geknüpft werden, ausdrücklich benannt wird und der konkrete Adressat sich damit durch die auf den jeweiligen Einzelfall konkret umgesetzte Belehrung direkt angesprochen fühlt. Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn mehrere Varianten von Meldepflichten zur Auswahl gestellt werden und dem Hilfebedürftigen die Auswahl überlassen wird, ob eine und ggf. welche der genannten Varianten für ihn einschlägig ist. Die hier zu beurteilenden Rechtsfolgenbelehrungen in den Meldeaufforderungen sind darüber hinaus auch deshalb mangelhaft, weil sie in der einschlägigen Passage die fragliche Meldepflicht lediglich durch einen Hinweis auf deren gesetzliche Grundlage (§ 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III) umschreiben. Denn es ist mit dem Zweck der Rechtsfolgenbelehrung nicht zu vereinbaren, dass deren Inhalt nur unter Hinzuziehung des Gesetzestextes zu erschließen ist (vgl. auch dazu BSG Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R, juris).

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