SG Dresden: Keine Einstellung von Alg II wegen möglicher Ansprüche auf Kinderzuschlag


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Das Sozialgericht Dresden – S 5 AS 5410/08 ER – hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass die Zahlung von Arbeitslosengeld II nicht sofort eingestellt werden darf, weil nach der seit 01.10.2008 geltenden Rechtslage möglicherweise ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz besteht.

Sachverhalt:

Die Antragsteller begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Weiterzahlung der ihnen mit Bescheid vom 12.06.2008 bewilligten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) über den 31.10.2008 hinaus bis zum Ende des Bewilligungszeitraums in unveränderter Höhe.

Den Antragstellern wurden mit Bescheid vom 12.06.2008 für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.12.2008 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von insgesamt lediglich 186,08 Euro monatlich bewilligt, da die Höhe des Erwerbseinkommens des Antragstellers zu 2. noch nicht feststand.

Mit Bescheid vom 07.10.2008 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass der Bewilligungsbescheid vom 12.06.2008 mit Wirkung zum 01.11.2008 aufgehoben werde. Die Antragsteller hätten voraussichtlich Anspruch auf einen Kindergeldzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz und auf Wohngeld. Diese Leistungen seien gegenüber den Leistungen nach dem SGB II vorrangig. Ein entsprechender Antrag sei von den Antragstellern umgehend bei der zuständigen Familienkasse bzw. Wohngeldstelle zu stellen. (…)

Entscheidungsgründe:

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Sinne der begehrten Feststellung, dass der Klage gegen den Bescheid vom 07.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2008 aufschiebende Wirkung hat ist zulässig und begründet. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die mit Bescheid vom 12.06.2008 bewilligten Leistungen über den 31.10.2008 hinaus, längstens bis zum 31.12.2008 vorläufig in unveränderter Höhe weiterzuzahlen.

Rechtsgrundlage für das Antragsbegehren ist § 86 b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Vorliegend hat die Antragsgegnerin trotz der Klage die Zahlungen eingestellt und vollzogen. In den Fällen, in denen, wie hier, durch Einbehalt der Leistung unter Missachtung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs ein Verwaltungsakt faktisch vollzogen wird oder eine faktische Vollziehung droht, ist vorläufiger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft. (…)

Somit besteht ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86 b Abs. 1 SGG und es liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes ist es, einem Hilfebedürftigen den aktuellen Lebensunterhalt zu sichern. Dies bedeutet, dass eine einstweilige Anordnung nur für die Gegenwart und die Zukunft, aber nicht für zurückliegende Zeiträume zu treffen ist, da grundsätzlich der Hilfebedarf für die Vergangenheit gedeckt ist und nicht mehr im Wege der einstweiligen Anordnung erbracht werden kann. (…)

Über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung. Sie ist in der Regel anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Leistungsempfängers an der aufschiebenden Wirkung überwiegt und die Behörde keine Umstände dargelegt hat, die einen Vorrang einer sofortigen Vollziehung erkennen lassen. Vorliegend überwiegt das Interesse der Antragsteller auch im November und Dezember 2008 von irgendetwas leben zu können. Auch wenn die von der Antragsgegnerin vorgenommene vorläufige Berechnung zutreffen und den Antragstellern Wohngeld und Kinderzuschlag zustehen sollte, rechtfertigt es dies nicht, den Antragstellern die bereits bewilligte Leistung zum Lebensunterhalt ohne verbindliche Prüfung anderer Leistungsansprüche zu entziehen. Es spricht aber nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin gegenüber der Wohngeldstelle und der Familienkasse Bautzen auf den Leistungsbezug der Antragsteller nach dem SGB II hinweist und sich so etwaige Erstattungsansprüche offen hält.

Dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz war somit stattzugeben. (…)

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