Wertersatz für rechtsgrundlos erbrachte Tätigkeit im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs?


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Das Bundessozialgericht – B 14 AS 98/10 R – hat am 13.04.2011 entschieden, dass einem Leistungsempfänger, der rechtsgrundlos einen Ein-Euro-Job ausgeübt hat, einen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung haben kann.

Bei der Arbeitsgelegenheit, die im vorliegenden Fall vom Kläger wahrgenommen worden war, fehlte das Merkmal der Zusätzlichkeit. Maßgebend für den durch diese nicht zusätzliche Tätigkeit bedingten Vermögensvorteil bei dem Beklagten sei, dass dieser durch die Schaffung der Arbeitsgelegenheit und die Zuweisung des Klägers an den Maßnahmeträger die Arbeitsleistung veranlasst hat.

Bei dem Entschädigungsanspruch handele es sich um einen öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch.

Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem beklagten Jobcenter Wertersatz für geleistete Arbeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung (sogenannter Ein-Euro-Job). Er erhält seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 24. März 2005 erließ der Beklagte einen Bescheid, mit dem der Kläger verpflichtet wurde, für die Dauer von sechs Monaten gegen eine Mehraufwandsentschädigung von einem Euro pro geleisteter Arbeitsstunde einen sogenannten Zusatzjob als Bürohilfskraft bei der Stadt Mannheim auszuüben; die Stelle war jedoch bereits anderweitig vergeben. Daraufhin schlug der Beklagte dem Kläger am 6. April 2005 eine Arbeitsstelle als Umzugshelfer bei der Stadt Mannheim ‑ Fachbereich soziale Sicherung ‑ für vorbereitende Arbeiten für den Umzug des Fachbereichs Ge­sundheit vor. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte zugleich beim Sozialgericht einstweiligen Rechtsschutz. Während des laufenden Eilverfahrens arbeitete der Kläger ab dem 25. April 2005 als Umzugshelfer und erhielt hierfür eine entsprechende Mehraufwandsentschädigung. Der Beklagte nahm im Verlauf des Eilverfahrens den Bescheid vom 24. März 2005 zurück. Am 18. Mai 2005 stellte der Kläger die Arbeit ein.

Eine vor dem Arbeitsgericht Mannheim gegen die Stadt Mannheim erhobene Klage auf Zahlung von Arbeitsentgelt wurde mit der Begründung abgewiesen, es habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Mit seiner danach beim Sozialgericht erhobenen Klage, macht der Kläger geltend, mit der Rücknahme des Bescheides vom 24. März 2005 sei der Rechtsgrund für die von ihm geleistete Arbeit entfallen. Die Arbeitsverpflichtung sei zudem rechtswidrig gewesen, weil die beim Umzug des Gesundheits­amtes angefallene Arbeit nicht zusätzlich gewesen sei. Aus diesem Grund habe der Beklagte ihm den Tariflohn zu erstatten.

Sozialgericht und Landessozialgericht haben die Klage zurückgewiesen; es bestehe insbesondere kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, weil der Wert der geleisteten Arbeit den Wert der im fraglichen Zeitraum bezogenen Sozialleistung nicht erreiche. Zwar komme bei einer rechtswidrigen Heranziehung zu einem Ein-Euro-Job eine Rückabwicklung im Wege des öffentlich-rechtlichen Er­stattungsanspruchs in Betracht. Die Höhe der Erstattung richte sich nach dem Wert der geleisteten Arbeit, der sich vorrangig nach den einschlägigen Tarifverträgen, gegebenenfalls nach den ortsüb­lichen Entgelten bemesse. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag ergebe sich hieraus ein Entgelt in Höhe von insgesamt 697,60 Euro. Dem stünden jedoch die vom Beklagten in den betroffenen Mona­ten erbrachten Grundsicherungsleistungen in Höhe von 1.231,36 Euro gegenüber. Der Beklagte sei daher durch die vom Kläger erbrachte Arbeit nicht bereichert. Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, durch die von dem Beklagten erfolgte Zuweisung an die Stadt Mannheim liege im Ergebnis eine Leistung an den Beklagten vor. Ein Vergleich mit regulär Beschäftigten ergebe zudem, dass dem Kläger zumindest die Erwerbstätigenfreibeträge verbleiben müssten.

Entscheidungsgründe:

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat das beklagte Jobcenter in der Sitzung am 13. April 2011 verurteilt, an den Kläger den Betrag von 149,28 Euro, auf den der Kläger den Revisionsantrag be­grenzt hatte, zu zahlen. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein öffentlich rechtlicher Erstattungs­anspruch zu. Bei der Arbeitsgelegenheit, die vom Kläger wahrgenommen worden ist, fehlte das Merkmal der Zusätzlichkeit. Maßgebend für den durch diese nicht zusätzliche Tätigkeit bedingten Vermögensvorteil bei dem Beklagten ist, dass dieser durch die Schaffung der Arbeitsgelegenheit und die Zuweisung des Klägers an den Maßnahmeträger die Arbeitsleistung veranlasst hat. Hinsichtlich der Höhe des Erstattungsanspruchs ist das Landessozialgericht zunächst zutreffend davon ausge­gangen, dass der Beklagte für die Arbeit des Klägers das übliche Arbeitsentgelt nach dem Tarifvertrag für das Speditionsgewerbe hätte aufwenden müssen und dem hieraus resultierenden Betrag die von dem Beklagten erbrachten Grundsicherungsleistungen (einschließlich der zu tragenden Aufwendun­gen für die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) gegenüber zu stellen sind. Anders als das Landessozialgericht entschieden hat, können hierbei jedoch nur Sozialleistungen berücksich­tigt werden, die der Kläger für die Zeit erhalten hat, in der er durch seine Arbeitsleistung eine Berei­cherung des Beklagten bewirkt hat. Dies war hier der Zeitraum vom 25. April 2005 bis 18. Mai 2005. Das Landessozialgericht hat demgegenüber zu Unrecht die gesamten Grundsicherungsleistungen für die Monate April und Mai 2005 berücksichtigt.

Quelle: Terminsmitteilung und Medienbericht des Bundessozialgerichts

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