BGH: Arglistig verschwiegener Mangel berechtigt zu sofortiger Kaufpreisminderung


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Wenn ein Verkäufer einen Mangel an der verkauften Sache arglistig verschweigt, so ist der Käufer berechtigt den Kaufpreis sofort zu mindern ohne vorher eine Frist zur Behebung zu setzen. Dies hat der Bundesgerichtshof – VIII ZR 210/06 – entschieden; auch wenn der Mangel behebbar ist.

Sachverhalt:
Die Klägerin kaufte von den Beklagten den Wallach „Diokletian“ als Dressurpferd zum Preis von 45.000 €. Sie verlangt im Wege der Minderung die Rückzahlung der Hälfte des Kaufpreises mit der Begründung, der Wallach sei mangelhaft, weil er aufgrund nicht vollständig gelungener Kastration zu „Hengstmanieren“ neige und deshalb als Dressurpferd weniger geeignet sei; dies hätten die Beklagten arglistig verschwiegen.

Gründe:
Die Vorinstanzen haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe es versäumt, die Beklagten unter Fristsetzung aufzufordern, den durch eine operative Nachkastration des Pferdes behebbaren Mangel zu beseitigen; eine solche Fristsetzung sei hier auch unter dem Gesichtspunkt der von der Klägerin behaupteten arglistigen Täuschung nicht entbehrlich gewesen. Die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

Nach dieser Entscheidung des VIII. Zivilsenats steht der Umstand, dass die Klägerin der Beklagten eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs. 1 BGB) nicht gesetzt hat, auch dem Recht der Klägerin auf Minderung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht entgegen, wenn die Klägerin – entsprechend ihrer Behauptung – von den Beklagten über den Mangel arglistig getäuscht worden war. Wenn der Verkäufer einen behebbaren Mangel arglistig verschweigt, ist der Käufer im Regelfall zur sofortigen Minderung des Kaufpreises berechtigt (§ 323 Abs. 2 Nr. 3, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB). In einem solchen Fall ist in der Regel die für eine Mangelbeseitigung durch den Verkäufer erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt. Entschließt sich der Verkäufer, einen ihm bekannten Mangel nicht zu beseitigen und die Sache in einem vertragswidrigen Zustand zu veräußern, so besteht auch keine Veranlassung, ihm noch eine zweite Chance zu gewähren, nachdem der Käufer den Mangel entdeckt hat. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, gilt dies in der Regel auch, wenn der Mangel durch einen Dritten – hier: durch einen Tierarzt – zu beseitigen ist. Auch bei einer Mangelbeseitigung, die durch einen vom Verkäufer auszuwählenden Dritten vorzunehmen ist, fehlt auf Seiten des Käufers in der Regel die für die Mangelbeseitigung durch den Verkäufer erforderliche Vertrauensgrundlage.

Das Oberlandesgericht wird nunmehr die Behauptung der Klägerin, von den Beklagten arglistig getäuscht worden zu sein, zu prüfen haben.

Nach PM Nr. 6/2008 Bundesgerichtshof Urteil vom 9. Januar 2008 – VIII ZR 210/06

Vorinstanzen:
LG Münster – 16 O 582/04 – Urteil vom 28. Oktober 2005
OLG Hamm – 11 U 143/05 – Urteil vom 14. Juni 2006

Fazit:
Der Bundesgerichtshof hat ein weiteres mal den Käufer von mangelhaften Sachen geschützt. Problematisch ist in solchen fällen jedoch meistens der Nachweis, dass der Verkäufer den Mangel zu eine kannte und zum anderen diesen arglistig verschwiegen hat.

§ 323 BGB – Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt und der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat oder
3.
besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(…)

§ 441 BGB – Minderung

(1) 1Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. 2Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(…)

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