ArbG Berlin: Zeugniserteilungsanspruch nach gerichtlichem Vergleich


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Das Arbeitsgericht Berlin – 29 Ca 13850/07 – hat entschieden, dass wenn ein Arbeitgeber sich in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat seinem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einem bestimmten Wortlaut zu erteilen dies wie eine Schuldanerkenntnis wirkt. Das heißt es ist gerichtlich nur noch überprüfbar wenn die Grenze des Rechtsmissbrauchs überschritten ist.

Aus dem Urteil (bearbeitet und gekürzt):

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses. Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.12.2004 bis zum 30.06.2007 als Assistent der Geschäftsführung tätig.

In einem Vorverfahren, Arbeitsgericht Berlin, Geschäftszeichen 75 Ca 797/07, stritten der Kläger und die Beklagte um eine Versetzung und – auf Grund Klageerweiterung – schließlich auch um das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses. Der Rechtsstreit endete mit einem gerichtlichen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.06.2007 endete. Unter Punkt 8 vereinbarten die Parteien Folgendes:

„Die Beklagte erteilt dem Kläger gemäß dessen Vorlage ein gutes Dienstzeugnis, das sich auch auf Führung und Leistung erstreckt. Das Dienstzeugnis ist dem Kläger spätestens im Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zusammen mit seinen Arbeitspapieren zu übersenden.“

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Verpflichtung ergibt sich aus der vergleichsweise gerichtlichen Einigung der Parteien. Die Beklagte hat sich im gerichtlichen Vergleich vom 19.04.2007 verpflichtet, dem Kläger das gewünschte Arbeitszeugnis zu erteilen. Diese Verpflichtung bildet ein Schuldanerkenntnis, §§ 781, 782 BGB, dass auf Grund des Vergleichscharakters der Regelung der Formvorschrift des § 781 BGB nicht unterfällt. Die Beklagte kann die Erfüllung nur dann ablehnen, sofern der Kläger mit seinem Antrag schriftliche Lügen im Sinne groben und offenkundigen Rechtsmissbrauchs von ihr verlangen würde. Geschäftsgrundlage für die streitige Verpflichtung im gerichtlichen Vergleich war die vergleichsweise Regelung auch des Zeugnisrechtsstreits. Der Rechtsstreit der Parteien sollte nicht durch Unstimmigkeiten hinsichtlich der Zeugnisformulierung belastet werden. Zur Klärung dieser Problematik wurde die Verpflichtung begründet. Geschäftsgrundlage für einen Zeugnisvergleich bildet dagegen nicht die aus Sicht des Arbeitgebers richtige Beurteilung der Leistungen; ansonsten wäre keine nachgebende Regelung gefunden worden und der Kläger wäre auf das erteilte Zeugnis verwiesen worden.

Die Verpflichtung zur Erteilung des Arbeitszeugnisses besteht mithin infolge schuldrechtlicher Verpflichtung der Beklagten. Zwar streiten die Parteien vorliegend nicht um die richtige Beurteilung der Leistungen des Klägers, sondern darum, was im Einzelnen die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten ausgemacht hat. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, aus dem Schuldanerkenntnis im Vergleich lediglich eine Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten zu folgern. Die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit des Zeugnisses trägt ohnehin der Arbeitgeber. Der Geschäftsgrundlage des Vergleichs ist daher in dem Sinne Rechnung zu tragen, indem der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Zeugnisentwurf des Klägers 1 : 1 zu übernehmen bis an die Grenze des offenkundigen Rechtsmissbrauchs (z.B. der Pförtner bezeichnet sich als leitenden Angestellten). Streitigkeiten über einzelne Details – wie vorliegend – sollten durch die Formulierung in Punkt 8 des gerichtlichen Vergleichs vom 19.04.2007 gerade vermieden werden – bis hin zur Verhinderung einer ggf. umfangreichen Beweisaufnahme.

Vorliegend konnte die Kammer nicht erkennen, dass das Begehren des Klägers grob rechtsmissbräuchlich wäre. Zwar könnte man in einzelnen Punkten darüber streiten, ob die gewünschte Formulierung des Klägers „den Nagel auf den Kopf trifft“. Jedenfalls ist in dem Begehren des Klägers nicht das vorsätzliche Verlangen einer schriftlichen Lüge an die Beklagte gerichtet. Die Beklagte ist daher mit ihren im Zeugnisberichtigungsrechtsstreit gemachten Einwendungen ausgeschlossen. Diese sind unbeachtlich.

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