Fristgemäße Kündigung wegen Verweigerung alkoholische Getränke aus Glaubensgünden einzuräumen wirksam


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Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – 5 Sa 270/08 – hat entschieden, dass ein muslimischer Arbeitnehmer, der sich aus Glaubensgründen weigert alkoholische Getränke in einem Warenhaus einzuräumen zwar nicht fristlos, wohl aber fristgemäß gekündigt werden kann.

Damit ist das Landesarbeitsgericht von der Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel abgewichen. Das Arbeitsgericht hatte bereits die fristlose Kündigung für gerechtfertigt erachtet.

Aus dem Urteil (bearbeitet und gekürzt):
Der am …1963 geborene, verheiratete Kläger, der zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist, ist seit dem 14.11.1995 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er wurde als Helfer in der Waschstraße eingestellt. Nachdem die Beklagte den Betrieb der Waschstraße eingestellt hatte, wurde der Kläger mit Wirkung ab dem 01.10.2003 als Ladenhilfe übernommen und in der Getränkeab-teilung des Bereiches „Allgemeine Lebensmittel“ eingesetzt. (…)
Nach Urlaubsrückkehr wies der Warenhausleiters K… den Kläger am 25.02.2008 an, wieder in der Getränkeabteilung zu arbeiten. Der Kläger weigerte sich strikt, dieser Anordnung Folge zu leisten. Er berief sich darauf, dass sein muslimischer Glaube ihm jeglichen Umgang mit Alkohol verbiete. Eine sodann in Gegenwart des Betriebsratsmitgliedes R. geführte Unterredung mit dem Kläger führte ebenso wenig zu einer Änderung des klägerischen Standpunktes wie eine schriftliche Aufforderung zur Arbeitsaufnahme in dem Getränkebereich durch den Warenhausleiter. Der Warenhausleiter K… stellte den Kläger daraufhin für den 25.02.2008 von der Arbeit frei. Am 27.02.2008 erhielt die Beklagte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers, ausgestellt am 25.02.2008 für den Zeitraum bis zum 04.03.2008. Am 26.02.2008 leitete die Beklagte das Anhörungsverfahren beim Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen, vorsorglich fristgemäßen Kündigung ein (Bl. 45 f. d. A.). Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung (Bl. 47 d. A.) Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 01.03.2008, dem Kläger zugegangen am 03.03.2008, fristlos. Mit weiterem Schreiben vom 05.03.2008 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber vorsorglich eine fristgemäße Kündigung zum 30.08.2008 aus (Bl. 4 d. BA) Gegen diese Kündigungen hat der Kläger fristgemäß Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben. (…)

(…) Das Arbeitsverhältnis endete nicht bereits mit Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 01.03.2008 am 03.03.2008. (…)
Das Arbeitsverhältnis endete jedoch aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 05.03.2008 zum 31.08.2008. Diese Kündigung ist sozial gerechtfertigt nach § 1 Abs. 2 KSchG. Der Kläger hat durch seine Arbeitsverweigerung in erheblichem Maße ge-gen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es vorliegend angesichts der Beharrlichkeit nicht. Die Beharrlichkeit ergibt sich daraus, dass der Kläger weder in dem Gespräch mit dem Marktleiter K… noch unter Hinzuziehung des Personalleiters bereit war, in der Getränkeabteilung zu arbeiten. Der Kläger bestreitet auch nicht, dass er sich grundsätzlich und endgültig geweigert hat, in der Getränkeabteilung zu arbeiten. Er lehnt es auch noch ab, dort zu arbeiten. Angesichts des der Beklagten aufgrund des Art. 12 Abs. 1 GG zustehenden Direktionsrechts, war der Kläger auch angesichts der Glaubensfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG nicht befugt, die dortige Arbeit dauerhaft zu verweigern. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Ziff. 2. dieser Entscheidungsgründe verwiesen. Die Interessenabwägung fällt angesichts der dauerhaften und endgültigen Weigerung des Klägers zu dessen Lasten aus. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es ihm über Jahre, zumindest aber über ein Jahr lang möglich gewesen ist, Regale mit alkoholischen Getränken zu füllen oder Bier- und Weinkisten an den dafür vorgesehenen Plätzen abzustellen.

Vorinstanz: ArbG Kiel – 2 Ca 455 c/08 ArbG Kiel

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