Berechnung der Mietobergrenze bei gemischten Bedarfsgemeinschaften


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Das Sozialgericht Kiel hat mit Urteil vom 30.01.2017 – S 38 AS 1728/14 – entschieden, dass sich die Höhe der Kosten der Unterkunft nicht danach bemisst wie viele Mitglieder einer Familie in einem Haushalt gehören sondern danach wie viele Mitglieder der Familie eine Bedarfsgemeinschaft bilden.
Im entschiedenen Fall lebte eine Familie im Bereich des Jobcenters Plön. In der Wohnung lebten die Eltern mit einem über 18-jährigen Kind. Das Kind erzielte eigenes Einkommen und war damit von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Das Jobcenter berechnete die Miete die den Eltern zustehen sollte nach 2/3 eines Drei-Personenhaushaltes. Das Gericht ist meinem Vortrag gefolgt und hat das Jobcenter verurteilt den Eltern höhere Mietkosten zugesprochen. Es ging dabei davon aus, dass die Eltern Anspruch auf die Berechnung der Miethöhe nach einem Zwei-Personenhalt haben. Dies aber begrenzt durch 2/3 der tatsächlichen Miete. Dies stellt auch das sachgerechte Ergebnis dar.
Auch wenn sich das zunächst nicht besonders spannend anhört, so führt es doch dazu, dass die Eltern nun rund 100,00 Euro mehr Miete im Monat erhalten.

Menschen die mit Personen in einer Bedarfsgemeinschaft leben die ihren Bedarf durch eigenes Einkommen decken sollten daher ihre Bescheide prüfen und sich wenn nicht die volle Miete bezahlt wird beraten lassen.

Meine Kollegin Susanne Petersen hat im Falle von Kindern die durch Unterhalt und Kinderwohngeld bereits ähnliche Entscheidungen erstritten.
Hier geht’s zu ihren Artikel.

Das SG Kiel hat seine Entscheidung wie folgt begründet (bearbeitet und gekürzt):

Die Kläger haben einen Anspruch auf weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit diese angemessen sind. Angemessen sind vorliegend 2/3 der tatsächlichen bruttokalten Unterkunftskosten. Nach Mitteilung der Beteiligten in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am … betragen die Kosten der Unterkunft insgesamt 646,87 € bruttokalt. Zwei Drittel hiervon ergeben 431,25 €. Diese liegen unterhalb der vom Antragsgegner angenommenen Mietobergrenze für einen Zwei-Personenhaushalt. Maßgeblich ist hier ein solcher Zwei-Personenhaushalt. Die Frage der Angemessenheit kann stets nur im Hinblick auf den Leistungsberechtigten
nach dem SGB 11 und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden (…). Nach der Rechtsprechung des BSG orientiert sich die angemessene Wohnungsgröße auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts, sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft (…). Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt nur Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl (…). Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (…). Dem hat sich auch die instanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen (…). Danach ist es rechtlich unerheblich, ob die Kläger mit ihrem Kind eine Haushaltsgemeinschaft bilden sowie welcher Grad der Verbundenheit und gegenseitigen Verantwortung zwischen ihnen besteht. Denn abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 5 SGB II kennt das SGB II die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft nicht. Nach dem SGB II ist eine Personenmehrheit vielmehr nur dann von Bedeutung, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II vorliegen (…). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Denn nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft, die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in Nr. 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Das Kind verfügt über ausreichendes eigenes Einkommen, um seinen Bedarf zu decken.

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Ein Gedanke zu “Berechnung der Mietobergrenze bei gemischten Bedarfsgemeinschaften”

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