Das Jobcenter Kreis Rendsburg Eckernförde verfügt derzeit nicht über ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Mietobergrenze


,
Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 20.06.2019 – L 6 AS 50/19 B ER – entscheiden, dass der Kreis Rendsburg Eckernförde  derzeit nicht über ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Mietobergrenze verfügt.

Diese Entscheidung betrifft alle Personen die im Bereich des Kreises Rendsburg Eckernförde Grundsicherungsleistungen (SGB II oder SGB XII) beziehen.

Es muss in diesem Bereich nunmehr nicht mehr auf die vom Kreis bestimmte Mietobergrenze zurückgegriffen werden sondern auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 Prozent. Die Bruttokaltmiete berechnet sich demnach wie folgt:

Beispiel für die Stadt Eckernförde:
Eckernförde hat die Mietstufe IV.Für die anderen Gemeinden kann man die Mietstufen der Tabelle entnehmen.

Bei einer Person ergibt sich aus der Anlage 1 zu § 12 WoGG ein Wert in Höhe von 478  Euro. Dieser ist nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 Prozent hinzuzufügen.

Die Mietobergrenze für die Bruttokaltmiete in Eckernförde beträgt daher derzeit 525,80 Euro brutto kalt.

Personen die nicht die volle Miete vom Jobcenter anerkannt bekommen sollten daher Widerspruch gegen die laufenden Bescheide einlegen, oder gegebenenfalls einen Überprüfungsantrag stellen.

Das Landessozialgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet (bearbeitet und gekürzt):

 

Die von ihm ermittelten Unterkunftskosten beruhen aber nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und sind deshalb zugunsten der Antragsteller in der vorgenommenen Weise zu korrigieren.

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB 11 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Angemessen sind Aufwendungen, wenn sie eine durch ein schlüssiges Konzept ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenze oder – bei Fehlen eines schlüssigen Konzepts und bei fehlender Nachbesserungsmöglichkeit – die Werte der Wohngeldtabelle nebst Sicherheitszuschlag nicht überschreiten.

Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. bereits BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7bAS 18/06 R – BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 sowie B 7b AS
10/06 R – BSGE 97,231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2). Die Einzelheiten zu diesem Verfahren sind vom Sozialgericht zutreffend dargelegt worden, so dass hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Die KdU – Richtlinie für den Kreis Rendsburg – Eckernförde kann vorliegend nicht zur Bestimmung der Mietobergrenze herangezogen werden, weil sie nicht die Voraussetzung für ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfüllt.
Gegen die Rechtmäßigkeit des Konzepts spricht die Tatsache, dass der Antragsgegner den gesamten Kreis Rendsburg – Eckernförde als einen Vergleichsraum
zu Grunde gelegt und im Wege der Clusteranalyse in Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Angemessenheitswerten für die Bruttokaltmiete unterteilt hat (BSG,
Urteile vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R, B 14 AS 11/18 A und B 14 AS 41/18 R, juris). Das BSG hat in seinen zwischenzeitlich veröffentlichten Entscheidungen vom 30. Januar 2019 ausgeführt, dass es für eine – wie auch vom Antragsgegner in seinem Konzept vorgenommene – weitere Aufteilung der Städte und Gemeinden innerhalb eines Vergleichsraums durch verschiedene Wohnungsmarkttypen keine rechtliche Begründung gebe. Insbesondere .könnten durch die Bildung von Wohnungsmarkttypen die Voraussetzungen für die Bildung und die Rechtsfolgen eines Vergleichsraums, die das BSG im Einzelnen dargelegt hat, nicht geändert werden.
Aus diesem Grund hat das BSG in den vorgenannten Urteilen KdU-Richtiinien nicht als ein schlüssiges Konzept im Sinne seiner Rechtsprechung und mithin nicht als
Grundlage für die Festsetzung von Mietobergrenzen bzw. der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten von SGB II-Leistungsempfängern anerkannt und die
Rechtsstreitigkeiten an die Instanzgerichtezurückgewiesen, um den Beklagten der Verfahren Gelegenheit zu Nachermittlungen zu geben. Alle KdU-Richtiinien, über die
das BSG am 30. Januar 2019 entschieden hat, basierten sämtlich auf Konzepten, die von der Firma Analyse & Konzepte erstellt worden sind. Hierzu zählt auch das Konzept des Antragsgegners, der in seiner Richtlinie als Vergleichsraum den gesamten Kreis Rendsburg-Eckernförde zu Grunde gelegt und im Rahmen der Ermittlung derAngemessenheitswerte in verschiedene Wohnungsmarkttypen aufgeteilt hat. Im Hinblick auf diese neue BSG-Rechtsprechung hält der Senat an seiner noch im Beschluss vom 29. Oktober 2018 (L 6 AS 182/18 B ER) vertretenen Rechtsauffassung nicht mehr fest.

Ob es bei den notwendigen weiteren Ermittlungen zum Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Rendsburg-Eckernförde tatsächlich zu einer Korrektur zugunsten der Antragsteller kommen wird, ist derzeit weder absehbar noch durch den Senat selbst zu ermitteln. Die Gerichte sind weder befugt, die Vergleichsraumbildung durch eine eigene Vergleichsraumbildung zu ersetzen noch dazu, die von dem Jobcenter ermittelten abstrakten Angemessenheitswerte zu übernehmen. Nachermittlungen zur Vergleichsraumsbildung und Erstellung eines schlüssigen Konzepts sowie der sich darauf ergebenden Angemessenheitswerte obliegen allein dem Antragsgegner, dem dazu ein angemessener Zeitrahmen zu gewähren ist (vgl. BSG aaO), was hier angesichts der Eilbedürftigkeit nicht möglich ist und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.

 

Print Friendly, PDF & Email

Stress mit dem Arbeitgeber oder Ärger mit dem Jobcenter?
Ich höre Ihnen gut zu, berate und setze mich rasch und engagiert für Ihre Rechte ein.
Ihr Rechtsanwalt Stephan Felsmann aus Kiel
Tel: 0431-78029790

Ihre Meinung zu...

Name und E-Mail Adresse sind nötig. Die E-Mail Adresse wird niemals veröffentlicht.


2024 © Rechtsanwalt in Kiel Rechtsanwalt Felsmann Anwalt in Kiel – Arbeitsrecht – Kündigungsschutz – Fachanwalt Sozialrecht

Impressum || Datenschutz || AGB