Hartz 4 – Wenn ein Jobcenter kein schlüssiges Konzept für die Kosten der Unterkunft hat gelten die Werte nach § 12 WoGG plus Sicherheitszuschlag


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Einige Jobcenter haben bei der Festlegung der Kosten der Unterkunft kein schlüssiges Konzept erstellt.
Über die daraus entstehenden Rechtsfolgen urteilen bereits viele Gerichte.
Deren generelle Linie ist:

Maßgeblich für die Bestimmung der Mietobergrenze sind die Werte aus § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 %.

Berücksichtigung genereller abstrakter Kriterien

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg – L 3 AS 5600/11 hat dies in seinem Urteil vom 07.11.2012 wie folgt begründet:

Da ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten nicht vorgelegen hat und auch nicht mehr erarbeitet werden kann, sind die tatsächlichen Aufwendungen bis zur Angemessenheitsübergrenze der Tabellenwerte in § 12 WoGG zu übernehmen. Maßgeblich für die Berücksichtigung eines Zuschlages von 10 % auch bei den angepassten Tabellenwerten ist vielmehr, dass es sich bei der Bestimmung des Zuschlags nicht um eine einzelbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt handelt. Vielmehr ist dieser unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien festzulegen. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil gerade erst der Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet zur Anwendung der Tabellenwerte des WoGG führt. Bereits durch die jeweiligen im WoGG verankerten Mietenstufen fließen regionale Unterschiede in die Bestimmung der zu übernehmenden Kosten der Unterkunft ein.

Alle möglichen Erkenntnisquellen sind auszuschöpfen

so das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 9 SO 392/12 B:
Fehlt es an einem schlüssigen Konzept des zuständigen Leistungsträgers, hat das Sozialgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht die verfügbaren lokalen Erkenntnisquellen auszuschöpfen und ggf. mit sachverständiger Hilfe den ortsüblichen, im unteren Marktsegment liegenden Referenzmietzins pro qm zu ermitteln. Erst wenn Mietspiegel und weitere Erkenntnismöglichkeiten und -mittel nicht vorhanden sind, Sachverständigengutachten nicht mehr eingeholt werden können und deshalb mangels hinreichender Datengrundlage die Entwicklung eines schlüssigen Konzeptes für den maßgeblichen Vergleichsraum und den streitgegenständlichen Zeitraum ausscheidet, kann als Angemessenheitsobergrenze auf die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw. des § 8 WoGG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (WoGG a.F.), dann aber zuzüglich eines Zuschlags von 10%, zurückgegriffen werden, wobei dieser Wert dann die angemessenen kalten Betriebskosten umfasst.

Auch höhere Werte als die Richtwerte nach § 12 WoGG können angemessen sein

Das Sozialgericht Aachen hat in einem Hinweis an die Beteiligten, der auf der Seite von Harald Thomé veröffentlicht wurde, die Auffassung geäußert, dass bei Vorliegen entsprechender Indizien auch über den abstrakten Wert nach § 12 WoGG zuzüglich Sicherheitszuschlag hinaus gegangen werden kann und muss.
Zum Hinweis des SG Aachen

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Ein Gedanke zu “Hartz 4 – Wenn ein Jobcenter kein schlüssiges Konzept für die Kosten der Unterkunft hat gelten die Werte nach § 12 WoGG plus Sicherheitszuschlag”

  1. Auch höhere Werte als die Richtwerte nach § 12 WoGG können angemessen sein.
    Ich denke, der Satz muss mittlerweile lauten:
    Auch höhere Werte als die Richtwerte nach § 12 WoGG müssen angemessen sein.
    Hierzu eine Gegenüberstellung:
    Mietpreise dürfen innerhalb 3 Jahren „nur“ noch um 15 % steigen.
    Die Tabellenwerte für § 12 WoGG stammen aus Januar 2009, sind demzufolge völlig überaltert , d. h. über 5 Jahre.
    Würde man immer noch den Herren vom BSG folgen, kämen also in 5 Jahren gerade mal 10 % Aufschlag zusammen, während die Realität mit (pro Jahr 6,6%) 33 % ganz anders aussieht… Aber wenn man schon über 9000 Euro verdient, dann kann einem ein Aufschlag von 50 oder 100 Euro offensichtlich ziemlich schnurzegal sein…

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