Keine Kürzung der Regelleistung bei Krankenhausaufenthalt


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Das Sozialgericht Freiburg – S 9 AS 6261/08 – hat (noch nicht rechtskräftig) entschieden, dass eine Verwaltungsanweisung der ARGEn keine Rechtsvorschrift im Sinne von § 330 Abs.1  SGB III ist. Wenn einen ARGE in rechtlich unzulässiger Weise die Regelleistung (Verpflegungsanteil) gekürzt hat so kann – und sollte man einen Überprüfungsantrag einreichen.

Das Gericht hat im wesentlichen wie folgt argumentiert:

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Rücknahme des Bescheides vom 18.5.2006 nicht gem. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 1 SGB III ausgeschlossen.

Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts vom 18.5.2006 daher rührte, dass er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt wurde (was hier ersichtlich nicht der Fall ist) oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist. Es muss also festgestellt werden können, dass der Bescheid, dessen Rücknahme im Streit steht, mit einer Rechtsnorm begründet wird, die später in ständiger Rechtsprechung anders ausgelegt wurde.

Eine solche Rechtsnorm vermag das Gericht nicht zu erkennen.

Grundlage des Bescheids vom 18.5.2006 waren die seinerzeitigen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Stand 10.1.2006, Ziff. 9.14 (im Internet noch abrufbar unter: http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2008/HW 9 2006-01-10.pdf). Danach wurde ohne Bezugnahme auf eine rechtliche Grundlage angeordnet, bereitgestellte Verpflegung mit einem Wert von 35 v. H. der Regelleistung zu berücksichtigen. Dies wurde damit begründet, dass der Bedarf des Hilfebedürftigen insoweit als gedeckt anzusehen sei (sog. Bedarfsdeckungsargument). Im wesentlichen textgleich lauteten auch noch die am 1.6.2007 von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Hinweise (vgl. http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2008/HW 9 2007-01-06.pdf). Das BSG, das am 18.6.2008 (B 14 AS 22/07 R) gerade über eine auf diesen Hinweisen beruhende Verwaltungsentscheidung entschied, befand hierzu:

Nach § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (Vorbehalt des Gesetzes). Der belastende Verwaltungsakt – Kürzung der Regelleistung durch ersparte Aufwendungen in Höhe von 35 v. H. der Regelleistung – bedarf mithin einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Für das Vorgehen der Beklagten jedenfalls im Jahre 2006 ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich, die den Anforderungen des § 31 SGB I genügen könnte. Dies dürfte für den Verordnungsgeber Anlass gewesen sein, mit Wirkung zum 1. Januar 2008 in § 2 Abs 5 Alg II-V eine Rechtsgrundlage für ein solches Vorgehen erstmals zu schaffen ( …)“

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