Keine Sanktion wegen nicht erfolgter Bewerbungen wenn die Bewerbungen sinnlos wären


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Das Sozialgericht Berlin – S 37 AS 19402/08 ER – hat beschlossen, dass ein Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht verpflichtet ist sinnlose Bewerbungsbemühungen nachzuweisen. Das Sozialgericht hat zudem darauf hingewiesen, dass es Widersprüchlich und daher rechtswidrig ist, wenn die ARGE auf der einen Seite dem Arbeitslosen durch das Angebot einer Arbeitsgelegenheit bescheinigt wird, dass eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt „in absehbarer Zeit nicht möglich ist“ (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB II) auf der anderen Seite aber fünf bis zehn Bewerbungen verlangt.

Das Gericht begründet die Aufhebung des Sanktionsbescheides im wesentlichen wie folgt (bearbeitet und gekürzt):

Die dritte Sanktion ist wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben (Dem Bedürftigen war eine zu unkonkretes Arbeitsangebot gemacht worden – „Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe“). Dem Ast. war die Arbeitsgelegenheit nicht zumutbar. Denn es ist nicht im Ansatz erkennbar, welche Integrationsfunktion die Arbeitsgelegenheit im Fall des Ast. entfalten sollte. Der Ast. hat durch diverse Beschäftigungen auf dem ersten Arbeitsmarkt bewiesen, dass er keine Förderung zur Überwindung besonderer Vermittlungshemmnisse benötigt. Dementsprechend ist er in den seit 2007 abgeschlossenen EGVs nicht verpflichtet worden, eine Arbeitsgelegenheit auszuüben.

Es wäre auch ein offenkundiger Widerspruch, den Ast. einerseits zu verpflichteten, 5 bzw. 10 Bewerbungen pro Monat (EGV vom 11.3.2008) nachzuweisen, wenn ihm anderseits mit dem Angebot einer Arbeitsgelegenheit bescheinigt wird, dass eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt „in absehbarer Zeit nicht möglich ist“ (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB II). D. h. würde man die Zumutbarkeit einer Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II bejahen, wäre die zweite Sanktion (mangelnde Bewerbungsbemühungen) rechtswidrig, da der dann auf dem ersten Arbeitsmarkt chancenlose Ast. nicht verpflichtet werden kann, sinnlose Bewerbungen abzuliefern.

Das Gericht sieht jedoch in der am 14.7.2008 bei Gericht eingegangenen Leistungsakte keinen Anhaltspunkt zur Annahme eines derzeit verschlossenen Arbeitsmarktes oder sonstiger Eingliederungsprobleme, die mittels einer Fördermaßnahme erst noch zu beseitigen sind. Die Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs. 3 SGB II wäre also eine rechtswidrige Mittelverschwendung, denn sie dient weder dazu, die Arbeitswilligkeit zu testen noch einen anrechnungsfreien Zusatzverdienst zu schaffen. Wiederholt musste der Bundesrechnungshof in Übereinstimmung mit Ergebnissen des IAB feststellen, dass Arbeitsgelegenheiten, weil sie ohne Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen vergeben werden, keinen Eingliederungseffekt haben oder nicht gemeinnützig oder zusätzlich sind.

Die dem Ast. ohne genauere Beschreibung der abverlangten Tätigkeit angebotene Arbeitsgelegenheit im Umfang von 30 Wochenstunden dürfte überdies zu unbestimmt und auch vom zeitlichen Umfang unsachgemäß sein, weil der Ast. nicht zu einem Personenkreis gehört, der erst an die Mindeststandards geregelter Arbeit herangeführt werden muss.

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