SG Aurich: Sanktionsbescheid wegen Nichtannahme einer Arbeit


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Das Sozialgericht Aurich – S 15 AS 339/06 ER hat entschieden, dass bevor einem Arbeitslosengeld II Empfänger gegenüber eine Sanktion ausgesprochen wird eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung erfolgen muss. Sonst ist die Sanktion rechtswidrig.

Sachverhalt:
Der Antragsteller steht bei der im Auftrag des Antragsgegners handelnden Gemeinde C. im Leistungsbezug SGB II. Mit Bescheid vom 13.07.2006 sprach die Gemeinde eine Sanktion gegen den Antragsteller aus und bewilligte ihm unter Berücksichtigung einer Leistungsabsenkung für den Monat August 2006 Leistungen in Höhe von 300,- Euro. Die Sanktion wirkte sich dabei in Höhe von 30 % der Regelleistung aus. Zur Begründung führte die Gemeinde aus, der Antragsteller habe ein Vorstellungsgespräch bei der Firma D. gehabt und sei ohne Angabe von Gründen zu diesem Termin nicht erschienen. Die Firma D. habe dem Zentrum für Arbeit mitgeteilt, dass sie mehrfach versucht habe den Antragsteller zu erreichen. Nach Zustandekommen einer Telefonverbindung hätte dieser erklärt, er habe es sich anders überlegt und würde nur eine Arbeit annehmen, auf die er auch Lust habe. Der Antragsteller legte dagegen Widerspruch ein und führte u.a. aus, eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch habe es nie gegeben, im Übrigen wäre er auch nicht verpflichtet einer solchen Einladung Folge zu leisten. Ein Arbeitsplatz sei ihm von der Firma D. auch nicht angeboten worden, stattdessen habe er mehrere Wochen kostenlose Probearbeiten ableisten sollen. Eine Entscheidung über den Widerspruch ist noch nicht erfolgt. (…)

Entscheidungsgründe:

(…) Vorliegend bestehen erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Sanktionsmaßnahme, da keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung erfolgt ist. Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn dieser sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder fortzuführen, es sei denn, er weist einen wichtigen Grund für sein Verhalten nach.

Absenkung und Kürzung setzen stets eine Rechtsfolgenbelehrung voraus, die Warn- und Erziehungsfunktion hat. Sie darf sich nicht in einer bloßen Formalie oder formelhaften Widerholung des Gesetzestext in einem allgemeinen Merkblatt erschöpfen, sondern muss konkret, eindeutig, verständlich, verbindlich und rechtlich zutreffend die unmittelbaren und konkreten Auswirkungen eines bestimmten Handelns vor Augen führen und im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Obliegenheitsverletzung stehen.

Der Antragsteller ist am 08.06.2005, also etwa ein Jahr vor den Gesprächen mit der Firma D. mittels eines allgemeinen Merkblatts, das lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt, überblickartig über seine Pflichten und Obliegenheiten informiert worden. Eine weitere Belehrung im unmittelbaren Zusammenhang mit den Gesprächen bei der Firma D. hat es – wie der Antragsgegner einräumt – nicht gegeben, obwohl die Gemeinde C. bzw. das Zentrum für Arbeit des Antragsgegners ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Übersicht ständigen Kontakt zum Antragsteller hatte und auch über die Gespräche bei der Firma D. informiert war. Zwar ist es im Rahmen des SGB II – anders als im SGB III – für den Eintritt einer Sanktion nicht erforderlich, dass es sich um ein Arbeitsangebot des Leistungsträgers handeln muss, damit eine Sanktion für ein die Obliegenheit zur Arbeitssuche verletzendes Verhalten erfolgen kann. Um so wichtiger ist es, dass der Betroffene unter konkreter Bezugnahme auf anstehende Gespräche und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit in der oben näher ausgeführten Weise über die ggf. eintretenden Rechtsfolgen bei Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsvertrages informiert wird. Eine lediglich allgemeine, formelhafte Belehrung 11 Monate zuvor reicht dafür keinesfalls aus. Die Notwendigkeit einer konkreten und individuellen Unterrichtung wird gerade im Falle des Antragstellers deutlich, da dieser sich darauf beruft, nach seiner Einschätzung sei es seine Privatsache, ob er der Einladung einer Firma zu einem Vorstellungsgespräch folgt oder nicht. Die Unrichtigkeit dieser Wertung hätte ihm im Rahmen einer individuellen Belehrung dargelegt und erläutert werden können und nach dem Wortlaut des Gesetzes auch müssen. (…)

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