SG Lüneburg: Übernahme der tatsächlichen Heizkosten


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Das Sozialgericht Lüneburg – S 25 AS 1233/06 – hat entschieden unter welchen Umständen die tatsächlichen Heizkosten von der ARGE zu übernehmen sind. im vorliegenden Fall ging es um einen Hartz IV Empfänger der in einem Eigenheim wohnt, dass die für eine Person angemessene Wohnungsgröße übersteigt.

Sachverhalt:

Die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits streiten um die Übernahme der tatsächlichen Heiz- sowie Stromkosten im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) im Zeitraum vom 01. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006.

Der im Mai 1950 geborene, also jetzt 57 Jahre alte, geschiedene Kläger bezieht seit Januar 2005 laufende Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Er bewohnt seit dem Jahre 1993 ein 75 qm großes im Jahre 1936 erbautes Einfamilienhaus (3 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad), wobei der entsprechende Grundbesitz (in 21423 Drage, Grundbuch von G., Flur H., Flurstück I., Grundfläche: 836 qm), dessen Eigentümer er ist, unbelastet ist.

Für den hier allein streitgegenständlichen Zeitraum waren – insoweit unstreitig – umgerechnet auf tatsächlich monatliche Nebenkosten folgende Kosten fällig:

Dezember 2005 Januar 2006 – Mai 2006 Grundsteuer 05,58 EUR 05,58 EUR Versicherungen 17,95 EUR 17,95 EUR Trinkwasser 05,67 EUR 05,67 EUR Abwasser 11,00 EUR 11,00 EUR Abfall 07,88 EUR 07,88 EUR Schornsteinfeger 04,25 EUR 04,25 EUR Deich- und Wasserverband 01,42 EUR 01,42 EUR Zwischensumme 53,75 EUR 53,75 EUR Heizkosten 105,00 EUR 95,00 EUR Summe 158,75 EUR 148,75 EUR (…)

Auf seinen Folgeantrag vom 01./03. November 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006 mit Bewilligungsbescheid vom 04./07. November 2005/Änderungsbescheid vom 06. März 2006/Änderungsbescheid vom 04. April 2006/Änderungsbescheid vom 10. Mai 2006 Leistungen unter Zugrundelegung der tatsächlichen Nebenkosten sowie aus Sicht der Beklagten angemessener Heizkosten in Höhe von (lediglich) 40,00 EUR.

Dem gegen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 04./07. November 2005 am 28. November 2005 erhobenen Widerspruch half die Beklagte unter Zurückweisung im Übrigen insoweit ab, als dass der Berechnung nunmehr Heizkosten in Höhe von 59,50 EUR (Dezember 2005, 105,00 EUR / 75 qm x 50 qm – 15 % Warmwasserbereitung) bzw. 53,83 EUR (ab Januar 2006, 95,00 EUR / 75 qm x 50 qm – 15 % Warmwasserbereitung) zugrunde gelegt wurden (Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2006 und Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2006).

Hiergegen hat der Kläger am 09. November 2006 bei dem Sozialgericht Lüneburg Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Übernahme der tatsächlichen Heizkosten ohne Abzug für die Warmwasserbereitung sowie die Übernahme von dem Stromkostenanteil, der den im Regelsatz enthaltenen Anteil von 20,74 EUR übersteigt, weiter verfolgt. Insoweit vertritt er zunächst die Auffassung, dass sein Eigenheim unter Verwertungsschutz stehe und bereits deshalb die tatsächlichen Heizkosten zu übernehmen seien und ein Vergleich mit Mietwohnungen nicht in Betracht komme. Ferner seien die Warmwasserkosten sowie die Kosten zu übernehmen, die über den in der Regelleistungen enthaltenen Stromkostenanteil in Höhe von 20,74 EUR hinausgehen. (…)

Entscheidungsgründe:

(…) Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden die Leistungen für (Unterkunft und) Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Geht man davon aus, dass die Nichterwähnung des Wortes „Heizung“ in § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II einem bloßen redaktionellen Fehler entspringt, wären auch unangemessene Heizkos ten in tatsächlicher Höhe vom zuständigen Träger zu übernehmen, solange eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, in der Regel jedenfalls für 6 Monate. Aber auch wenn § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II für die Übernahme der Heizkosten nicht anwendbar ist, sind vorliegend die tatsächlichen Heizkosten zu übernehmen.

Die tatsächlichen Leistungen für die Heizung umfassen diejenigen Vorauszahlungsfestsetzungen, die der Kläger monatlich aufzubringen hatte.

Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass diese Aufwendungen nicht auf einem unwirtschaftlichen Verhalten beruhen und daher (dem Grunde nach) angemessen sind.

Die Angemessenheit der Heizkosten ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – allerdings nicht anhand der zuzubilligenden, sondern quadratmeterbezogen anhand der tatsächlich genutzten Wohnfläche von 75 qm zu bestimmen. Eine Beschränkung der tatsächlichen Fläche auf die als angemessen angesehene Fläche von 50 qm (die im Übrigen als Mindestfläche anzusehen ist) scheitert vorliegend daran, dass es sich bei dem vom Kläger bewohnten Haus um ein in seinem Eigentum stehendes unbelastetes Einfamilienhaus handelt, dass – da von angemessener Größe im Sinne der Vermögensanrechnungsvorschriften – nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II nicht als Vermögen berücksichtigt und dessen Verwertung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II daher nicht verlangt werden darf. Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs zwischen den Vermögensanrechnungsvorschriften und den Bestimmungen über die Berechnung der Unterkunftskosten ist die Angemessenheit der Heizkosten in den Fällen, in denen keinerlei Schulden (mehr) auf dem nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 geschützten Eigenheim des Hilfeempfängers lasten, daher grundsätzlich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche zu prüfen. Die Nichtberücksichtigung eines entsprechenden Hauses bei der Vermögensanrechnung erfolgt aufgrund einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, das im Eigentum des Arbeitslosen stehende und von ihm und/oder seiner Familie selbst bewohnte Haus als Lebensmittelpunkt (nicht als Vermögensgegenstand!) vor einer Verwertung zu schützen. Damit ist aber die zwingende Konsequenz verbunden, dass dieses Objekt auch angemessen bewohnbar sein und damit u. a. beheizt werden muss. Es geht nicht an, die Schutzvorschriften des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II durch Beschränkungen bei der Übernahme der Heizungskosten faktisch wieder auszuhöhlen.

Aus alledem folgt, dass das Objekt angemessen beheizbar sein und es beheizt werden muss, was nur durch die Übernahme der tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen gewährleistet ist. Die Kammer hat dabei entscheidend berücksichtigt, dass das Einfamilienhaus des Klägers unbelastet ist und – neben den geringen Nebenkosten – insbesondere keine Darlehenszinsen von der öffentlichen Hand zu tragen sind. Daher erscheint es auch im Hinblick auf das Lebensalter des Klägers ökonomisch sinnvoll, ihm die tatsächlichen Heizkosten zuzugestehen und nicht eine durch die nur teilweise Beheizung des Wohnhauses bestehende Gefahr der Aufgabe des Wohnhauses heraufzubeschwören (etwa durch einen Schaden für unbeheizte Räume, die Heizungsanlage oder gar des gesamten Objekts), weil dies letztlich dazu führen würde, dass die Beklagte zukünftig mit höheren Kosten (etwa durch eine erforderlich werdende Anmietung einer Wohnung) belastet werden würde.

Der Kläger hat daher Anspruch darauf, dass seine Heizkosten in voller tatsächlicher Höhe berücksichtigt werden. Anders verhielte es sich nur dann, wenn ihm ein nach den Umständen des Einzelfalles unangemessenes und unwirtschaftliches Heizverhalten entgegen zu halten wäre. Dies ist jedoch – wie ausgeführt – nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist jedoch für die Warmwasserbereitung ein Anteil in Höhe von jeweils 18 % von den tatsächlichen Heizkosten abzusetzen, weil diese keine Kosten der Heizung darstellen. Diese Praxis hat das Bundessozialgericht zwischenzeitlich gebilligt. (…)

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Ein Gedanke zu “SG Lüneburg: Übernahme der tatsächlichen Heizkosten”

  1. Jeder Mensch hat ein individuelles, daher unterschiedliches Wärmebedürfnis / Wärmeempfinden.

    Da kann und darf es nicht sein, dass dieser Staat, regiert von Kapitalisten und Pseudodemokraten, welche wir vergessen habem im Stasikeller zu verdreschen, hier dem Bürger voschreibt wieviel diese an Heizung, Strom, Wasser usw. verbrauchen dürfen / zu haben, weil Sie ALG II Empfänger sind.

    Ja, ich gehöre auch zu denen, weil dieser Staat offensichtlich nicht in der Lage ist jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, mit deren eigener Hände Arbeit sein soziokulturellen Lebensunterhalt mit realem Mindestlohn sich selbst zu erarbeiten.

    Ich habe keine Arbeit und auf diesen Staat habe ich gehört. Ich habe mich weiter gebildet, bin studieren gegangen. Habe ein Diplom, zwar nicht mit 1,0 aber gutes Mittelfeld.

    Jetzt gelte ich als überqualifiziert, zu teuer für den Arbeitsmarkt. Selbst der zuständige Arbeitsvermittler sagt: „Es ist mindestens 6 mal schwieriger mich in Arbeit zu vermitteln im Vergleich zu denen, welche eine geringere Qualiikation haben. Es kostet dementsprechend Zeit, Zeit die sich nicht genommen wird, weil die „Bilanz“, bei in der selben Zeit „Sechs“ vermittelten Personen, viel schöner aussieht.

    Dazu noch die ständigen Schikanen, offensichtlichen Unzulänglichkeiten von Seiten der Mitarbeiter des Amtes.

    Ich bin weder deren Sklave noch ein dressierter Hund und als volljähriger Mensch mit gutem Leumund, Vater und Mutter hat dieses Amt mir nicht zu befehligen.

    Was nimmt sich dieser Staat raus. Nicht mal in der Lage seine eigeen Gesetze dementsprehend anzuwenden.

    SGB II wie oft geändert 46-mal oder was ?

    Wir ALG II – Empfpfänger werden schlimmer als Straftäter behandelt, unterliegen der Experimentierklausel. Wie lange braucht ein ALG II- E;pfänger bis er straffällig wird ? Oder was ?

    Die da Oben stopfen sich die Tasche voll und verschleudern das Geld anstatt ans eigene Volk zu denken.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Fürstenberg, ehemaliger Bürger der DDR
    Diplom Wirtschaftsjurist(FH)

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