Zu hohe Abzüge bei Menschen die in sog. Ersatzwohnungen leben


Das Sozialgericht Kiel hat mit Urteil vom 10.02.2022 (Az. S 22 AY 35/19) entschieden, dass es nicht rechtmäßig ist, dass die Landeshauptstadt Kiel bei Menschen die Asylbewerberleistungen beziehen und in sogenannten Ersatzwohnungen leben höhere Kosten vom Regelsatz im Bereich Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung abzieht als im Bundeshetzblatt veröffentlicht.

Konkret ging es in dem Fall um eine Familie mit drei Kindern die in einer Wohnung der Stadt Kiel untergebracht war.

Die Stadt Kiel hat von den Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Summen in Abzug gebracht die nach Ihrer Auffassung der Höhe nach den Summen für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung entsprachen weil diese ja bereits im Regelsatz enthalten seien und durch die Unterbringung bei der Stadt nicht anfallen würden.

Die Stadt Kiel ist dabei jedoch- zum Nachteil der Leistungsempfänger – von den Summen abgewichen die bei der Ermittlung der Regelbedarfe festgestellt worden sind und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden sind.

Nach hiesiger Kenntnis haben die aktuellen Bescheide der Stadt immer noch mit diesen Fehler.

Es sollten also alle Bescheide die noch angreifbar sind (das sind die aus den Jahren 2021 und 2022) überprüft werden und es sollte Widerspruch eingelegt werden oder ggf. die Überprüfung beantragt werden. Dabei helfe ich Ihnen gerne.

Das Gericht hat die Entscheidung wie folgt begründet (bearbeitet und gekürzt):

Die Beklagte hat die Höhe der vorgenommenen Abzüge nicht zutreffend bestimmt. Dazu waren gemäß § 27a Abs. 4 Satz 2 SGB XII die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben der sich nach § 5 Abs. 1 RBEG für die hier betroffene Abteilung 4 ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Diese beliefen sich im streitgegenständlichen Zeitraum nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013 für die Kläger zu 1 und 2 auf 31,51 EUR, für die Klägerin zu 3 auf 23,05 EUR, für den Kläger zu 4 auf 15,18 EUR und für die Klägerin zu 5 auf 8,48 EUR, für alle fünf zusammen 109,73 EUR. Zwar sind bereits diese Beträge gemäß § 7 RBEG bezogen auf das Jahr 2017, den Zeitpunkt des Inkrafttretens des RBEG in der vorliegend anzuwendenden Fassung, fortgeschrieben worden und weitere Fortschrei-bungen bis zu dem hier maßgeblichen Jahr 2019 gemäß den §§ 28a, 40 SGB XII i.V.m. den Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnungen 2018 und 2019 erfolgt. Nach dem Wortlaut des § 27a Abs. 4 Satz 2 SGB XII und der eindeutigen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9984, S. 90) sind jedoch bei den Herabsetzungen keine fortgeschriebenen Beträge anzusetzen, sondern die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der EVS 2013 zugrunde zu legen (vgl. Scheider in: Schell-horn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl., § 27a Rdn. 56.1; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. April 2021 – L 8 AY 122/20 – juris, Rdn. 44; SG Düsseldorf, Vorlagebeschluss vom 13. April 2021 – S 17 AY 21/20 – juris, Rdn. 33 ff.). Dies hat die Beklagte nicht berücksichtigt.

 

Die Berufung wurde zugelassen – die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

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